Bericht von 2022/2023
Der Borgward Hansa RS von 1953/54 war das zweite offene Rennsport-Modell aus Bremen nach dem „Langheck“-RS von 1952. Der Hansa RS von 1953 hatte gegenüber seinem Vorgänger eine deutlich kompaktere Karosserie, aber noch den auf der Hansa Limousine aufgebauten OHV-Motor (mit seitlicher Nockenwelle). Das Nachfolgemodell von 1954 erhielt dann einen neuen Motor auf Basis der Isabella, zwar immer noch als OHV-Motor, aber mit Einspritzung statt Doppelvergaser. Von den beiden Hansa RS der Jahre 1953 und 1954 gab es bis 2020 noch nie ein 1:43-Modell, auch nicht in Kleinserie oder als Bausatz. Seit 2021 produziert Arena nun endlich Kits der Hansa RS-Versionen 1953 und 1954, die in den beiden Jahren als Zweierteam bei der Carrera Panamericana Mexiko starteten – zwei Modelle, auf die viele Rennsport-Sammler lange gewartet haben, nicht nur, weil die Historie der Borgward Rennsportwagen der Jahre 1952 bis 1958 bislang im 1:43-Modellbereich stark vernachlässigt wurde, sondern auch deshalb, weil die Carrera-Versionen bekanntlich aufgrund der damals bereits etablierten Sponsorenaufkleber optisch attraktive Modelle darstellen.
Anmerkung: Die Geschichte der Borgward Rennsportwagen der 1950er Jahre wird in einem Beitrag auf dieser Webseite erzählt, natürlich auch mit der Vorstellung der bislang produzierten 1:43-Modelle.
Im Folgenden wird zunächst der Arena-Bausatz des Hansa RS der Carrera 1953 mit Hartmann am Steuer präsentiert – siehe dazu auch: Bericht zur Carrera Panamericana 1952-1954 auf dieser Webseite. Im zweiten Teil folgt dann ein Kurzbericht zum 1954er Hansa RS, Carrera Panamericana 1954, ebenfalls als Bausatz von Arena.
Carrera 1953: Borgward trat bei der vierten Carrera Panamericana mit zwei Hansa RS in der kleinen Sportwagenklasse gegen zwei Werks-Porsche 550 an (offene Versionen, mit dem 356-Motor, also noch nicht mit dem neuen 2OHC-Motor von Fuhrmann), in der Klasse waren zwei weitere Porsche 550 in Privateinsatz (Coupés), ein OSCA MT4 und diverse Porsche 356 am Start. Nachdem die schnellsten Porsche ausgefallen waren, konnte Hans Hugo Hartmann im Borgward die 5., 6. und 7. der acht Etappen gewinnen und stand kurz vor dem Sieg in der Klasse. Am Ende verpasste er aber den schon sicher geglaubten Sieg um einen Wimpernschlag: Auf der letzten Etappe verlor sein waidwunder Motor dramatisch an Leistung, und bei seiner Zielankunft überschritt Hartmann die Maximalzeit um gerade einmal 7 Sekunden, der rechnerisch deutlich führende Borgward musste aus der Wertung genommen werden – ein traumatisches Ende der bis dahin tollen Leistung des Bremer Teams.
Carrera 1954: Ein Jahr nach dem Drama setzte Borgward wieder zwei Hansa RS in Mexiko ein – zur letzen Carrera Panamericana. Sie trafen in der glänzend besetzten 1,5 Liter-Sportwagenklasse auf drei Porsche 550 der aktuellen Saison, also mit dem neuen 2OHC-Motor von Ernst Fuhrmann (darunter zwei Werkswagen) sowie auf einen weiteren 550 in Privathand, dieser noch mit dem älteren 356-Motor. Außerdem traten drei starke OSCA MT4 an, immerhin konnte ein OSCA zum Jahresbeginn die Gesamtwertung der 12 Stunden von Sebring gewinnen. Die Borgward hatten nun Benzineinspritzung, die von Mercedes-Benz gerade erst im Sommer 1954 in den Rennsport eingeführt worden war. Die Leistung stieg auf über 100 PS. Das Auto profitierte dadurch auch aerodynamisch, da die „Beule“ auf der Fronthaube, die beim Vergasermotor nötig war, nun entfallen konnte. Dennoch reichte die Leistung nicht ganz an die Werte des Porsche-Fuhrmann-Motors heran. Die beiden Borgward wurden von Karl-Günther Bechem (Nr. 60) und Franz Hammenick (Schweiz, Nr. 61) gefahren, und die ersten zwei der acht Etappen des Rennens konnte Bechem tatsächlich gewinnen, da der schnellste Porsche-Fahrer Herrmann mit Problemen zu kämpfen hatte. Bis zur 4. Etappe hielt Bechem die Führung in der Klasse, dann beendete ein Unfall seine Fahrt. Auch Hammenick musste nach einem Unfall die Segel streichen. Porsche konnte am Ende über Borgward und OSCA (Platz 3) triumphieren.
Die Bausätze von Arena
Arena widmet sich in einem wachsenden Segment seines umfangreichen Programms diesem legendären Rennen quer durch Mexiko, das zwischen 1950 und 1954 nur fünfmal stattfand, aber eine Fülle attraktiver Fahrzeuge als Vorbilder für 1:43-Modell herausbrachte – vom Porsche 356 bis zu den vielen US-Schlitten, die das Rückgrat des Teilnehmerfelds bildeten (sehe Arena-Webseite „arenamodelli“). Porsche-Sammler freuen sich insbesondere über die beiden 356 des Rennens 1952, das waren die ersten Renneinsätze dieses Typs auf dem amerikanischen Kontinent, und diese beiden Autos wurden zuvor noch nie als 1:43-Modelle produziert. Und nun wurden auch die Hansa RS von 1953 und 1954 ins Programm aufgenommen, die zwar auf dem gleichen Chassis beruhen, sich aber doch optisch unterscheiden: Der 1954er Hansa zeigt die flüssigere Linie, insbesondere ohne die 1953er „Beule“ auf der Motorhaube.
Der Hansa RS wurde natürlich nicht nur in Mexiko eingesetzt, sondern auch in Rundstrecken- und Bergrennen in Deutschland, z.B. zur Deutschen Sportwagen-Meisterschaft, und vor allem beim ersten 1000km Rennen auf dem Nürburgring 1953, im ersten Jahr der neuen Sportwagen-Weltmeisterschaft. Hier holte der Hansa RS mit Bechem und Helfrich am Steuer einen tollen dritten Platz im Gesamtklassement, schlug dabei den Glöckler Porsche und gewann so die Wertung der 1,5 Liter-Klasse – es war der größte internationale Erfolg eines Borgward in den Jahren 1952-1954.
Da die Hansa RS in diesen Rennen auf deutschem Boden mit relativ sparsamen Aufklebern fuhren – das war in Europa damals so üblich – können die Arena-Bausätze von einem Modellbauer mit einem guten Decal-Reservoir leicht für eine dieser Versionen verwendet werden.
Arena liefert Bausätze der jüngeren Generation, sie haben in ihrer Auslegung aber Ähnlichkeiten mit den bekannten Kits der 1990er Jahre, z.B. von Provence Moulage: Sauber gearbeitete Resine-Gussteile, keine komplexe Ausführung mit (unnötig) vielen Kleinteilen, baufreundliche Ausführung. Hinzu kommen eine großzügige Ausstattung mit Ätzteilen, sehr gute Decals und eine hilfreiche Bauanleitung, die auch ohne Explosionszeichnung und viele Worte auskommt.
Bausatz 1953:
Der Bausatz besteht aus Resine-Gussteilen (Karosserie, Chassis, Sitze, Armaturenbrett, Benzintank, seitlich innen liegend), einer umfangreichen Sammlung von Ätzteilen, verwendbar für beide Hansa RS-Typen (1953 und 1954), fünf Felgen (Metallguss, die fünfte für das Reserverad auf dem Heck, fünf Reifen, Kleinteilen (Scheinwerfer, Lenkung), Frontscheibe und Decals (für alle vier Carrera-RS 1953 und 1954).
Die Gussqualität ist sehr gut, die Teile sind weitgehend passgenau, und der Maßstab des Modells ist gemessen am Radstand (2,25m) korrekt 1:43. Bei der Form der Karosserie des 1953er Autos hatte ich den Eindruck, dass der Vorderteil (vor der Vorderachse) etwas zu massig ausgefallen ist, kann dies aber nur anhand alter Fotos des Originalfahrzeugs beurteilen, insofern ist das kein gesicherter Eindruck.
Die Felgen sind korrekt ausgeführt, Farbe alu-silber, die Belüftungslöcher sollten zusätzlich mit schwarz-matt betont werden. Die Reifen sind allerdings ein Schwachpunkt des Bausatzes. Sie sind – Spark lässt grüßen – viel zu breit! Meine Messung ergab eine Reifenbreite von umgerechnet über 19cm, das sind 7,6 Zoll, echte „Schlappen“ also. Tatsächlich dürften die Reifen des Originals eine Breite von 5 oder 5,5 Zoll aufweisen, Beispiel: Die Reifen des RS von 1958 hatten ein Maß von 5 Zoll vorn und 5,9 Zoll hinten. Die Arena-Reifen wurden also entsorgt und durch Reifen korrekter Größe ersetzt, die mir Modellbaufreund PL zur Verfügung gestellt hatte – vielen Dank dafür. Leider können nicht alle Modellbauer auf eine solche Gelegenheit zurückgreifen.
Nachtrag (2023): Inzwischen liefert Renaissance Reifen in einer zumindest ungefähr passenden Größe (Artikel A191, 15,7x4mm, 9,7mm internal Diameter)
Ob man das Modell mit dem Ersatzrad auf dem Heck baut oder nicht, kann man selbst entscheiden. Vermutlich fuhr der Hansa RS auf den gebirgigen Etappen mit dem Reserverad, auf den späteren schnellen Abschnitten dann ohne das Rad, das natürlich den Luftwiderstand erheblich erhöhte. Aber das Rad auf dem Heck ist optisch schon etwas Besonderes.
Die Ätzteile sind umfangreich und sehr filigran, sie sind sowohl für das 1953er als auch für das 1954er Modell vorhanden, es bleiben also Teile für sonstige Modellbauprojekte übrig. Für die Kühlöffnung in der Front sind zwei Optionen verfügbar, je nach Charakter der Etappen, der in Mexiko sehr unterschiedlichen Höhenlage und der Wetterlage. Der Modellbauer hat hier also wie beim Reserverad anhand der Fotos vom Rennen die Wahl. Für die Befestigung des Reserverads ist ein weiteres Ätzelement vorgesehen. Dabei ist zu beachten, dass die drei Riemen – so zeigen es die Fotos des Originalfahrzeugs – aus Metall und nicht aus Leder waren. Das Lenkrad besteht aus dem Kranz (Metallguss) und den inneren Speichen (Ätzteil), es ist allerdings etwas zu klein geraten (umgerechnet ca. 35cm Durchmesser), üblich waren damals ca. 40cm.
Die umfangreichen Decals sind sehr schön, korrekt und gut zu verarbeiten, da sie recht dünn, aber doch stabil sind. So passt sich die große vordere Startnummer recht gut der „Beule“ auf der Fronthaube an. Die gelben Abdeckungen der Frontscheinwerfer wurden hier allerdings nicht mit den Decals, sondern mit Farbe gestaltet.
Ein schwieriges Kapitel folgt am Ende der Montage mit dem korrekten Zuschnitt der Frontscheibe, deren Form aufgrund der mehrfach gekrümmten Aufnahme auf der Front recht komplex ist. Da ist sorgfältiges Ausschneiden angesagt, was aufgrund der kaum sichtbaren Schnittlinien auf dem Scheibensatz recht schwierig ist. Nach einem Fehlversuch bat ich Arena um Hilfe und erhielt prompt und unentgeltlich drei Reserve-Scheibensätze geliefert – beim zweiten Versuch gelang der Zuschnitt dann besser. Vielen Dank an den Hersteller für den netten Service.
Sieht man einmal von den viel zu breiten Reifen ab, ist der Arena-Bausatz nahezu fehlerlos und von hoher handwerklicher Qualität.
Bausatz 1954: Der Bausatz des 1954er Hansa RS entspricht weitgehend dem des 1953er Autos, insofern sind die Stärken und Schwächen (zu breite Reifen) oben bereits vorgestellt worden. Der Hansa 1954 hat im übrigen eine deutlich einfachere Frontscheibe (nur vor dem Fahrer, da der Beifahrersitz abgedeckt ist). Die Frontscheinwerfer wurden in Mexiko wie beim 1953er Auto durch (Alu?) Schutzkappen abgedeckt, 1953 gelb mit Bosch-Werbung (Zündkerze), 1954 einfach in Alu-Silber. Der Hansa 1954 hatte wohl – anders als 1953 – kein Reserverad auf der Heckpartie, jedenfalls fehlt das Rad im Bausatz, und es sind keine Rennfotos mit einem dort platzierten Reserverad bekannt.
Quellen: Bernhard Völker, Peter Kurze, Borgward Rennsportwagen – Einsatz und Technik, Verlag Peter Kurze, Bremen 2021. Weitere Quellen sind im oben erwähnten Bericht zu den Rennsporteinsätzen der Borgward Sportwagen angegeben.