BMW CSL Turbo 1976 – keine Zielankunft für das „Batmobil“

BMW CSL Turbo, Silverstone 1976, Peterson-Nilsson, Modell von Spark

BMW CSL Turbo, Silverstone 1976 (Peterson-Nilsson), Spark

Der BMW CSL Turbo sollte 1976 als Höhepunkt der Sporteinsätze der E9-Reihe von BMW gegen den Porsche 935 in der Langstrecken-WM der neu geschaffenen Gruppe 5 an den Start gehen. Die ersten Rennsportwagen auf Basis der E9-Straßenfahrzeuge, deren Karriere 1968 als „2800 CS“ begann, gingen ab 1970 unter dem gleichen Namen als Renntourenwagen (FIA-Gruppe 2) an den Start, u.a. bei der Deutschen Automobil-Rundstreckenmeisterschaft (DARM) 1970/71 und nachfolgend bei der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) sowie bei der Tourenwagen-Europameisterschaft (ETCC). Bei den 24 Stunden von Spa startete der 2800 CS sogar schon 1969, und im folgenden Jahr gelang bereits der erste Gesamtsieg in den Ardennen. In Le Mans und bei anderen Endurance-Rennen der Sportwagen-Weltmeisterschaft traten die BMW erstmals 1972 in der Tourenwagenklasse an, eingesetzt u.a. von Alpina und Schnitzer, den beiden prominentesten BMW-Rennteams.

1973 bis 1975 gingen die BMW-Tourenwagen zunächst als „3,0 CSL“ und dann als „3,5 CSL“ an den Start, anfangs angetrieben von 3,0 Liter-Sechszylindermotoren, später auch von Motoren mit 3,2 und zuletzt 3,5 Litern Hubraum. Die CSL Coupés traten am Anfang noch mit sehr dezenten Aero-Paketen an. Sie wurden bei der DRM, der Tourenwagen-EM, in einigen Rennen der Sportwagen-WM einschließlich Le Mans und in Amerika in der IMSA-Serie eingesetzt. Die wichtigsten europäischen Einsatzteams waren das BMW Werk selbst sowie Alpina und Schnitzer. Ab Mitte 1973 wuchsen dem CSL dann Flügel mit dem Ziel, am Hauptkontrahenten Ford Capri vorbeizuziehen. Der größte internationale Erfolg der Jahre 1973/74 war der Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa 1973 (Quester-Hezemans) mit einem 3,3 Liter-Werkswagen.

In Europa erwartete man für die Saison 1975 (nicht nur) bei BMW den Reglementwechsel zur Gruppe 5 („Silhouettenformel“) mit WM-Status, der dann tatsächlich erst 1976 erfolgte. Jedenfalls zündete BMW vor diesem Hintergrund die nächste Entwicklungsstufe, den neuen Motor M49, nun mit zwei obenliegenden Nockenwellen, vier Ventilen pro Zylinder und 3,5 Litern Hubraum. Mittelfristig war er für das geplante Gruppe 5-Mittelmotor-Coupé vorgesehen (den späteren „M1“), allerdings verzögerte sich dieses Projekt. Mit einer Anfangsleistung von über 400 PS wurde der Motor erst einmal in das bewährte CSL-Coupé verbaut.

In der Wartezeit zur neuen Gruppe 5 konzentrierte sich BMW einstweilen auf die IMSA-Serie und baute für die Saison 1975 vier 3,5 CSL nach dem IMSA-GTO-Reglement (2275985 bis …88). Mit prominenten Piloten besetzt (u.a. Stuck, Redman, Quester, Fitzpatrick) waren die CSL Hauptkontrahenten der Porsche Carrera RSR-Armada. Dabei waren die BMW recht erfolgreich, insbesondere mit einem Gesamtsieg in Sebring (12 Stunden, Redman-Stuck-Posey-Moffat) und bei den 6 Stunden von Riverside. 1976 setzten sich die Erfolge in Amerika fort. Speerspitze war der CSL Nr. 2275986, der von „BMW of North America“ oder von Peter Gregg eingesetzt wurde. Größter Erfolg war der Sieg bei den 24 Stunden von Daytona mit Gregg-Redman-Fitzpatrick, auch sonst gab es in der Saison mehrere Podiumsplätze, meist für Peter Gregg.

In der ersten Gruppe 5-Saison 1976 waren die BMW CSL (neben dem Kremer 935 K1) die einzigen halbwegs ernsthaften Konkurrenten des neuen Martini Porsche 935, sie hatten allerdings mit nunmehr ca. 470 PS und um die 1100 kg Gewicht sowie mit einer schlechteren Aerodynamik ein mehrfaches Handicap gegenüber dem Werks-935. Drei Gruppe 5-CSL mit Saugmotoren wurden für die WM-Saison 1976 prominenten Privatteams zur Verfügung gestellt: Nr. 2275982 ging an Schnitzer (Lackierung in grün, Gösser Bier), Nr. 2275988 an Alpina (schwarz), und der dritte CSL ging an Tom Walkinshaw Racing (TWR, weiß-gold, Hermetite, Fg-Nummer unbekannt). Eigentlich konnten sie den Werksporsche nur schlagen, wenn dieser durch technische Probleme ausgebremst würde. Genau dieser Fall trat dann allerdings ein: Das lag auch an den strengen Regelhütern der FIA, die von Porsche eine Verlagerung des Ladeluftkühlers verlangten, um die im Reglement festgelegte „Silhouette“ des Fahrzeugs aus der Frontalsicht zu erhalten. Porsche brauchte drei Rennen zur Jahresmitte, um die technische Änderung in den Griff zu bekommen, und davon profitierten die BMW-Privatteams mit drei Siegen – Schnitzer gewann am Nürburgring und in Zeltweg, TWR in Silverstone. Erst mit den Erfolgen bei den beiden letzten WM-Rennen konnte sich Porsche die Meisterschaft sichern.

Schnitzer BMW 3,5 CSL mit Saugmotor, Sieger des WM-Laufs auf dem Nürburgring 1976. Hier ein Modell aus dem Museum – ein „Transkit“ auf Basis des Solido-Diecast-Modells

Le Mans war 1976 ein Rennen ohne WM-Status und dennoch der Saisonhöhepunkt, bei dem die Gruppe 5-Fahrzeuge auf die Gruppe 6-Sportwagen trafen. Nicht weniger als fünf CSL mit Saugmotor waren am Start. Die beiden Fahrzeuge von Alpine und Schnitzer wurden hier von BMW Motorsport eingesetzt, hinzu kamen der BMW von TWR sowie zwei Privateinsätze von Tanday Racing und Team Brock. Am Ende war die Bilanz mit Platz 10 (Alpina) und vier Ausfällen allerdings dürftig.

Die 6 Stunden von Silverstone waren das dritte Rennen der Saison. Hier trat erstmals der angekündigte Werks-CSL mit Turbomotor an, allerdings nur mit einem einzigen Fahrzeug (Nr. 2275480). Der CSL hatte einen 3,2 Liter-Motor (die Bezeichnung 3,5 CSL ist daher unpassend) mit einer gewaltigen Anfangsleistung von 750 PS – das lag deutlich über dem Wert für den Werks-935.

Seine Rennkarriere entwickelte sich zum Desaster! In Silverstone fiel er früh aus, ebenfalls in Le Mans und beim WM-Saisonfinale in Dijon. In Silverstone startete der CSL Turbo mit den beiden schwedischen Formel 1-Piloten Ronnie Peterson und Gunnar Nilsson. Sie standen nach dem Training auf dem zweiten Startplatz neben dem Werksporsche, nach 20% der Gesamtdistanz war aber bereits Schluss – Getriebeschaden. In Le Mans erschien das Fahrzeug als „Artcar“ mit dem berühmten Millimeterpapier-Design von Frank Stella. Redman und Gregg schafften im Training Platz 8, ihre Trainingszeit lag aber doch fast 12 Sekunden über dem Wert des Porsche 935. Zum Vergleich: Porsche 3:41,7 / BMW CSL Turbo 3:53,4 / bester BMW CSL mit Saugmotor 4:03,8. Im Rennen kam der Turbo wieder nicht weit – Motorschaden nach 23 Runden. Ein letztes Mal wurde er beim letzten WM-Lauf in Dijon gesichtet, wieder als „Artcar“. Nach Trainingsbestzeit fielen Peterson-Nilsson nach 10% der Gesamtdistanz aus – und das war´s. Vor allem das Getriebe und die Reifen waren der hohen Motorleistung – am Ende 850 PS – bei weitem nicht gewachsen, und 1977 trat BMW nicht mehr mit dem Turbo-Monster an.

Was bleibt, ist ein ultimativer Renntourenwagen mit spektakulärer Optik in den BMW-Werksfarben (in Silverstone) oder mit dem Millimeterpapier-Design von Frank Stella in der Le Mans-Version.

Entwicklung der CSL-Coupés von 1973 bis 1976

Von links: 3,0 CSL Werkswagen, Le Mans 1973 (Spark) / 3,5 CSL IMSA, Sebring 1975 (Minichamps)  /  CSL Turbo, Silverstone 1976 (Spark)

Der Herausforderer (BMW CSL Turbo) und der Platzhirsch (Porsche 935 Werkswagen, Starter)

Einige technische Daten (CSL mit 3,5 Liter-Saugmotor): Sechszylinder in Reihe vorn, Graugussblock und Alu-Zylinderkopf, 94x84mm = 3498ccm Hubraum, zunächst 2 Ventile/Zylinder und eine obenliegende Nockenwelle, beim M49-Motor 4 Ventile/Zylinder und 2 obenliegende Nockenwellen. Einspritzung. Anfangsleistung 370 PS (8000 U/Min), beim M59: Anfangs gut 400 PS, später (1976) über 450 PS (8500 U/Min). 4 Gänge, später 5 Gänge. Radstand 2625mm, Länge 4630mm, mit längerem Heckflügel (1976): 4674mm, Breite 1730 bis 1778mm, Höhe 1366mm.

Abweichende Daten des CSL Turbo: 3,2 Liter Hubraum, 750 PS (Saisonende: 850 PS)

Modelle des BMW CSL in 1:43 (Stand 2019)

1973 (ohne Heckflügel): Resincast-Modell von Spark, altes Diecast-Modell von Solido, Modell von Trofeu (Le Mans 1973, Nr.58, pilotiert u.a. von Walter Brun, Spark lieferte ab 2020 auch dieses Modell.)

1974: Spark, Resine-Bausatz von Provence Moulage (Le Mans-Versionen)

1975: Provence Moulage (Le Mans), Minichamps (IMSA, DRM), Spark (DRM, Tourenwagen-EM)

1976 (Saugmotor-Versionen): Minichamps (Daytona), Spark (Tourenwagen-EM)

1976, Le Mans (Saugmotor-Versionen): Alpina von Spark, Altaya und Provence Moulage / Schnitzer von IXO, Altaya, Spark und Provence Moulage  /  TWR (Hermetite) von Spark und Provence Moulage  /  Tanday Racing von Spark und Provence Moulage  /  Team Brock von Provence Moulage.

1976, Le Mans (Turbo-Version, Frank Stella): Bausätze von Mini Racing und Provence Moulage

1976, Silverstone, Turbo-Version (BMW-Werksfarben): Spark

Bemerkungen zum CSL Turbo Silverstone 1976, Resincast-Modell von Spark

Eine ausführliche Beschreibung des CSL Turbo von Spark mit vielen Modellfotos und der Geschichte des Fahrzeugs findet man auf der Webseite „auto-und-modell“ unter der Rubrik „Unter der Lupe“ vom 3. 12. 2019.

Die Artcar-Le Mans-Version (Millimeterpapier, Frank Stella) gab es in 1:43 bereits in Form von Bausätzen von Mini Racing und Provence Moulage.  Allerdings – so die Bemerkung von Rudi Seidel im „auto-und-modell“-Bericht – lieferte die Wiedergabe der Millimeterpapier-Optik mit Hilfe von Decals im kleinen 1:43-Maßstab kein optimales Resultat. Spark präsentiert nun die Silverstone-Version in den BMW-Motorsportfarben blau-weiß-rot, das war im Maßstab 1:43 sicher die leichtere Aufgabe. Ich finde die Silverstone-Version ohnehin optisch attraktiver als den in meinen Augen etwas langweiligen Stella-Entwurf, aber das ist natürlich Geschmacksache. Und die Le Mans-Sammler warten nun natürlich darauf, wie (und ob) Spark die Stella-Aufgabe löst.

Grundsätzlich ist das Modell – so auch das Urteil von Rudi Seidel – sehr gut gelungen. Ich habe nur zwei kleine Einschränkungen zu notieren: Die Lüftungsschlitze über den Hinterrädern hätte man, z.B. mit einem Decal, etwas realistischer darstellen können (schwarze Streifen). Und den Hochglanz-Effekt insbesondere der hinteren Felgen finde ich etwas zu intensiv, bei Modellen im Maßstab 1:43 und kleiner sollte man da dezenter vorgehen. Ein abschreckendes Beispiel für die Neigung einiger Hersteller, die Modelle mit übertriebenem Hochglanz-Chrom auszustatten, ist z.B. der Adenauer-Mercedes-Benz 300 von Minichamps – nach dem Motto „Früher war mehr Lametta“. Dieser Punkt ist natürlich durchaus diskussionswürdig.

Quellen: Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“

Neben Internet-Seiten (u.a. „ultimatecarpage“ oder „racing sportscars“) und alten Printjournal-Berichten wurden die folgenden Bücher besonders genutzt: Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1970-1979, Haynes Publishing, 2008; sowie das Offizielle ACO Jahrbuch 1986 von Teissedre, Moity (mit einem Berichtsteil des Rennens von 1976).

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