Porsche Typ 64 Mathé 1950

Modell in 1:43: Bausatz von Vroom

In Deutschland verdanken wir die ersten Auftritte im Rennsport nach dem Krieg einigen rennbegeisterten Männern, die auf Basis vorhandener Konstruktionen Rennsportwagen für die Rundstrecke oder für Rallyes (damals hießen sie „Fernfahrten“) aufbauten und erste Erfolge erzielten. Viele dieser Konstruktionen basierten auf der Technik des Vorkriegs-BMW 328 oder des Volkswagens, später kam als Basis die Porsche-Technik dazu.

Das Porsche Werk selbst war allerdings nach seiner Vorstellung des 356 Prototyps („Nr. 1“) erst ein­mal daran interessiert und damit beschäftigt, eine kleine Serie von Sportwagen für die Straße (Typ 356) aufzulegen. An Rennsporteinsätze dachte Ferry Porsche mit seinen Mitarbeitern erst ab 1951, wobei interessanterweise die 24 Stunden von Le Mans als Rennpremiere ausgewählt wurden. Aber der Einstieg des Porsche-Werks in den Rennsport ist eine andere Geschichte. Hier geht es um eines der wenigen 1:43-Modelle aus der Frühzeit der Renneinsätze von Porsche-Konstruktionen, den Porsche Typ 64 – alias VW-Porsche Typ 60 K10 oder „Berlin-Rom-Wagen“. Schon die genaue Bezeichnung ist nicht ganz klar, und auch die Informationsquellen zu dem Fahrzeug waren bis vor kurzem noch recht lückenhaft.

Aber soviel kann gesagt werden: 1938/39 baute das Konstruktionsbüro von Ferdinand Porsche auf Basis des „KdF-Wagens“ (dem späteren Volkswagen) drei Renncoupés für den Ende 1939 geplanten Einsatz bei der Fernfahrt Berlin-Rom. Diese fand aus bekannten Gründen nicht statt. Eines der drei Fahrzeuge (Nr. 3) überlebte die Kriegswirren nahezu unversehrt und wurde 1949 von Porsche an den Rennfahrer Otto Mathé aus Österreich verkauft, der nur einen gesunden Arm hatte. Mathé setzte den Wagen 1949-1951 in einigen Rennen und Fernfahrten ein, er blieb auch Besitzer des Fahrzeugs bis zu seinem Tod 1996 und nahm bis Anfang der 1980er Jahre noch regelmäßig am historischen Motorsport teil. Dieses Fahrzeug befand sich einige Jahre in der sehenswerten Sammlung des Prototyp-Museums in Hamburg, und zwar im wesentlichen im Zustand der 1980er Jahre. Interessant ist dabei, dass der Mathé-Wa­gen (Kennzeichen-Nr. T2222) auf Rechtslenkung umgebaut wurde und sich auch in einigen anderen Details von den beiden anderen Berlin-Rom-Wagen unterschied.

Mit freundlicher Genehmigung des Prototyp Museums, Hamburg

Das Prototyp-Museum hat 2011 aus Teilen eines weiteren T64 das zweite Exemplar (in schwarz) wiederhergestellt.

Einige technische Daten: 4 Zylinder-Boxermotor, Basis VW, 1100 ccm, Leistungsangaben zwischen 40 und 50 PS, 4 Gänge. Pendelachse hinten, Drehstabfederung, Gewicht knapp 600 kg, Radstand 2400mm (wie beim Käfer), Länge 4150mm. Die Alu-Karosserie entstand bei der Fa. Reuter, sie zeigt das Bestreben nach einem möglichst geringen Luftwiderstand und nimmt die spätere Form des 356 vorweg, was insbesondere beim im Rennen teilweise eingesetzten Fahrzeug ohne Radabdeckungen offensichtlich ist. Allerdings war der Innenraum so schmal, dass die beiden Sitze versetzt angebracht werden mussten.

Folgende Renneinsätze sind besonders zu erwähnen, alle mit Otto Mathé als Fahrer:

1949: Coppa d’Oro delle Dolomiti, Nr. 105, 23. Platz (9. in der Sportklasse bis 1100ccm).

1949: Österreichische Alpenfahrt, Nr. 143, 1. in der Klasse bis 1100ccm.

1950: Coppa d’Oro delle Dolomiti, Nr. 124 (ausgefallen, Vorbild für das Vroom-Modell)

1951: Coppa d’Oro delle Dolomiti, Nr. 38 (ausgefallen).

Der Klassensieg bei der berühmten Alpenfahrt war sicher der größte Erfolg, der Typ 64 fuhr in diesem Rennen vermutlich mit den Radabdeckungen.

Wer mehr über Otto Mathé und seine Renneinsätze mit verschiedenen VW- oder Porsche-Konstruktionen lesen möchte, dem sei folgendes Buch empfohlen: Gabriele Geutebrück, Johann Kofler, „Sein Herz schlug für Porsche, Otto Mathé – Bilder eines rasanten Lebens“ (Vorwort von Niki Lauda), Berenkamp, 2004.

Ansonsten gingen verschiedene Porsche-Fachbücher bislang meist nur sehr kurz auf das Thema T64 ein, z.B. Michael Riedner, Carlo Demand, Die Porsche Renngeschichte in Bildern, Motorbuch, 1990. Erst in jüngster Zeit hat sich die Informationslage, nicht zuletzt durch die Präsentation einer Replik im Porsche Museum in Stuttgart, durch die Ausstellung des Mathé-Wagens im Hamburger Prototyp-Museum und durch den 2011 abgeschlossenen Wiederaufbau des zweiten T64 – ebenfalls durch das Prototyp-Museum – deutlich gebessert. Diverse Internet-Seiten und insbesondere ein Besuch des Hamburger Museums sind also hilfreiche Grundlagen zur Wissensbildung rund um den T64, ebenso das Buch: Tobias Aichele, Porsche Raritäten, GeraMond, 2011.

Nun zum Bausatz:

Er ist eine Vroom-Weiterentwicklung des Berlin-Rom-Wa­gens, der eines der ersten Modelle von Michel Ottenwaelder unter dem Vroom-Label war. Michel liefert zum Bausatz eine DIN-A-4-Seite mit einigen Fotos, darunter zwei vom Einsatzfahrzeug Nr. 124 (Coppa Dolomiti 1950). Entsprechend sind auch die beigelegten Decals. Eine Bauanleitung fehlt, diese ist bei dem sehr einfachen Bausatz aber nicht notwendig. Problematischer ist, dass es auch keine Farbangaben gibt, z.B. zur Gestaltung des Innenraums (Sitze, Lenkrad usw.). Vermutlich ging es Michel wie mir – es sind praktisch keine Originalfotos von den damaligen Renneinsätzen vorhanden, und das heutige Aussehen des Typ 64, das man in der Prototyp-Sammlung sehen konnte, muss durchaus nicht mit dem des Jahres 1950 übereinstimmen.

Der Bausatz ist in der Tat überschaubar, was der Qualität aber nicht schadet: Karosserie (Resine), Unterteil mit Sitzen, hinterer Teil des Innenraums und Armaturenbrett sind ebenfalls als Resine-Teile gefertigt. Dazu: Felgen und Reifen, ein Scheibeneinsatz und Kleinteile (Lampen, Scheibenwischer, Lenkrad) – das war’s. Die Vermessung des Modells (Radstand 54,3mm, Länge 93,5mm) ergibt übrigens angesichts der Originalmaße einen Maßstab 1:44, das Modell ist also geringfügig zu klein. Die Gussqualität ist wie bei Vroom nicht anders zu erwarten sehr gut, und alles passt auch gut zusammen. Der Scheibeneinsatz ist so passgenau, dass ich ihn in einem Stück verkleben konnte, was sonst bei Bausätzen eher selten gelingt. Ein Bausatz also für den Anfänger? Nicht ganz, denn die mit nur wenigen Decals verzierte Karosse verlangt eine saubere Lackierung in silber, Fehler sieht man natürlich sofort. Vermutlich war die Lackierung 1949 allerdings auch noch nicht so perfekt wie heute. Daher sollte man am besten den Klarlack weglassen. Die Decals lassen sich gut verarbeiten. Leider waren die seitlichen Startnummern in meinem Bausatz im Vergleich zum Türausschnitt etwas zu groß. Beim Original passt die Nr.124 genau auf die Tür (ohne den Türgriff zu überdecken), beim Modell nicht, insofern ist eine Abweichung vom Original unvermeidlich.

Für die Sitze habe ich einen hellgraubraunen Ton gewählt (wie Stoffbezug), denn ich nehme nicht an, dass die Sitz lederbezogen waren – und schwarz wurde damals eher selten verwendet. Das Resine-Lenkrad ist Michel übrigens hervorragend gelungen, eigentlich viel zu schade für ein geschlossenes Modell. Das Armaturenbrett erhält die Wagenfarbe und ein paar Instrumente (Decals), auch hier ist man aber auf Vermutungen angewiesen. Fehlt noch der Schalthebel (muss nachgerüstet werden) und ein kleinerer Tunnel in der Mitte des Innenraums (wie beim Volkswagen, aber auch hier nur auf Vermutungen basierend).

Die Gestaltung der Felgen erfordert bei Modellen immer besondere Sorgfalt. Ich habe sie nicht einfach nur in Alu-Farben lackiert, sondern die inneren Teile (Bremstrommel) in dunklerem Metallic davon abgesetzt – das gibt den Felgen mehr Tiefe und sieht realistischer aus. Die Räder standen übrigens recht weit innerhalb der Karosserie, also nicht so bündig wie bei modernen Fahrzeugen.

Gerade weil die Karosserie ein nur sparsam mit Decals dekorierter Silberling ist, erfahren die Feinarbeiten, z.B. an den kleinen Kühlgrills und den Fensterrändern, besondere Aufmerksamkeit. Die Scheibenränder vorn und seitlich habe ich mit sehr hellem Alu-Silber von der Karosseriefarbe abgesetzt, und das hintere Fenster erhält wie beim Vorbild einen schmalen Alu-Rand innerhalb des schwarzen Fenster-Gummis. In den Seitenscheiben müsste noch das Schiebefenster angedeutet werden, ich habe dazu einen schmalen Decal-Streifen verwendet.

So, nun ist der T 64 fertig, er bildet damit den historischen Beginn meiner Sammlung von Porsche Rennfahrzeugen. Was noch als Wunsch bleibt (auch noch 2023!), sind weitere Modellangebote aus dieser interessanten Anfangszeit, insbesondere die frühen Glöckler-Porsche.

Siehe auch: Bericht zum T 64 Resincast-Modell von Premium Classics (von 2014)

 

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