Porsche 718: Rennsportwagen 1961 bis 1963

 

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Porsche 718 GTR Achtzylinder, Targa Florio 1962, 3. Platz (Vaccarella – Bonnier), Modell: Spark

Die Jahre 1960-1963 stellten für Porsches Motorsport-Aktivitäten eine Zeit des Übergangs dar: Bis 1960 waren die Rennsporteinsätze – abgesehen vom GT-Sport für Privatfahrer – auf zwei Bereiche konzentriert: Sportwagen und seit 1958 die Formel 2, wobei die klassischen Endurance-Prüfungen Targa Florio, Nürburgring und Le Mans die Höhepunkte der Rennjahre bildeten. Hier trat Porsche in der kleinen Klasse bis 1,5 Liter Hubraum mit dem „Spyder“ an. Dahinter steht eine Entwicklungsreihe, die vom 550 über den 550A, den 718 RSK und den RS 60 Kontinuität darstellte: Alu-Karosserien auf Rohrrahmen und Vierzylinder-Boxermotoren (2OHC-Rennmotoren von Fuhrmann) waren gemeinsame Merkmale (2OHC = 2 obenliegende Nockenwellen pro Zylinderreihe, beim Boxer also 4 Nockenwellen).

1961 folgten dann der Einstieg in die neue 1,5 Liter-Formel 1. Hier konnte man zunächst auf dem bewährten Vierzylinder-Motor und dem Formel 2-718 Monoposto aufbauen. Bei den Sportwagen gab es eine behutsame Vergrößerung der Vierzylinder-Motoren bis hin zu 2,0 Litern Hubraum. Die Sportwagen hießen nun „RS 61“:  Teilweise waren es die RS 60 der Vorsaison, die einfach umbenannt wurden und weiter die vom RS 60 bekannte rundliche Spyder-Karosserie hatten. In Le Mans setzte man bei Porsche zwei spezielle, aerodynamische „RS 61 Le Mans Coupés“ ein. Und ein Vorbote der „neuen Zeiten“ war der neue RS 61 Spyder „718-047“, der bei der Targa Florio, am Nürburgring und in Le Mans antrat und eine gegenüber dem „normalen“ RS 61 geänderte Form und einen verlängerten Radstand hatte. Er startete 1961 noch mit dem Vierzylinder-Motor, sollte dann aber ab 1962 den für die zweite Formel 1-Saison der Stuttgarter geplanten neuen Achtzylinder-Motor aufnehmen, wofür ein längerer Radstand notwendig war.

1962 betrat der neue Achtzylinder die Porsche-Bühne: Als 1,5 Liter-Rennmotor im neuen 804-Formel 1 und parallel als 2,0 Liter-Motor für den Rennsportwagen, der nun im Gefolge des neuen Endurance-Reglements als „Prototyp“ eingestuft wurde. Der Spyder des Vorjahres (718-047) stand bereits als Träger des neuen Motors bereit, und eines der beiden 1961er Le Mans-Coupés (718-046) wurde zur Aufnahme des größeren Aggregats umgebaut, es erhielt nun auch den längeren Radstand von 2,335m statt der 2,200m der Saison 1961. Mit diesen beiden Fahrzeugen, dem 718 W-RS Spyder und dem 718 GTR Coupé, nahm Porsche an den großen Endurance-Prüfungen teil. Bemerkenswert dabei ist, dass der Achtzylinder seine Rennpremiere nicht beim ersten Formel 1-Rennen der Saison (Grand Prix der Niederlande) am 20. Mai sondern bereits am 6. Mai im 718 W-RS Spyder und im 718 GTR Coupé bei der Targa Florio feierte – ein starkes Zeichen für die Bedeutung, die der sizilianische Klassiker damals in Zuffenhausen einnahm: Immerhin holte man dort 1959 und 1960 den Gesamtsieg und 1961 Platz 2.

Die beiden 718 Achtzylinder bildeten 1962 und 1963 die Speerspitze Porsches in den Endurance-Rennen, wobei den Sportwagen 1962 angesichts des Formel 1-Engagements nicht die volle Aufmerksamkeit der Porsche-Rennabteilung vergönnt war. So fuhren die beiden 718/8-Prototypen nach der Targa Florio nur noch bei den 1000 km am Nürburgring, in Le Mans sah man dagegen nur die Carrera Abarth in der GT-Kategorie.

1963: Nach dem Ausstieg Porsches aus der Formel 1 starteten beide Achtzylinder dann bei allen drei Klassikern (Targa, Nürburgring und Le Mans), nun mit neuer Vorderradaufhängung (doppelte Querlenker, Schraubenfedern) und mehr Leistung (225 statt 210 PS). Größter Erfolg war der Gesamtsieg des 718 GTR Coupés bei der Targa Florio. 1964 begann bei Porsche dann mit dem 904 alias Carrera GTS eine neue Epoche der „Kunststoff-Rennwagen“, die mit den Zwischenstationen 906, 910 und 907 bis zum 908 reichte und schließlich im 917 gipfeln sollte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Über die Porsche-Rennsportwagen der „Zwischenzeit“ 1961-1963 und die zugehörigen Modelle in 1:43 wurde auf dieser Webseite bereits ausführlich berichtet:

(a) RS 61 Le Mans Coupé (Le Mans 1961, 718-045 und 718-046) – Modell von Starter (Bericht von 2012)

Porsche RS 61, Le Mans 1961 (Modell: Starter)

(b) 718 W-RS Spyder (718-047) mit Achtzylinder-Motor (1962/63) – Modelle von Starter, Spark und Jade (Bericht von 2011)

Porsche 718 W-RS Spyder (047), links Starter (Targa Florio 1964), rechts Spark (Le Mans 1963)

(c) 718 GTR Coupé (718-046) mit Achtzylinder-Motor (1962/63) – Bericht zum Jade-Bausatz des Targa Florio-Siegers von 1963 (Bericht von 2011)

Porsche 718 GTR, Targa Florio 1963, Sieger (Modell: Jade)

(d) Ergänzung (März 2017): Ein Bericht zum 718-047 in seiner ersten Rennsaison, als er noch mit dem Vierzylinder-Motor eingesetzt wurde (damals meist RS 61 Spyder genannt) steht jetzt im zweiten Teil des Berichts von 2011 zum 718 W-RS Spyder.

Porsche RS 61 (047), Targa Florio 1961, Platz 2 (Modell: Starter)

(e) Hier folgt zunächst ein Bericht des 718 GTR Coupés (718-046), das sein Renndebut bei der Targa Florio 1962 feierte (Modelle von Spark und Jade, Bericht vom Frühjahr 2016).

Porsche 718 GTR (047), Targa Florio 1962, Platz 3 (Spark)

(f) Danach folgt hier ein weiterer Bericht von 2021, und zwar zum 718 in Form des RS61 Spyder der Saison 1961, der noch die Form des RS60 von 1960 hatte und mit dem Vierzylindermotor bestückt war. Version: Targa Florio 1961, Stirling Moss und Graham Hill

Porsche RS 61 (044), Targa Florio 1961, Moss – Gr.Hill (Spark)

Bericht (e): Porsche 718 GTR, Achtzylinder-Coupé 718-046 (1962 und 1963)

Einige ausgewählte technische Daten

Achtzylinder-Boxermotor als Mittelmotor, 76×54,6mm = 1981ccm Hubraum, Luftkühlung, 2 OHC, 4 Weber-Doppelvergaser, Anfangsleistung 210 PS (8400), später bis 225 PS. 6 Gänge, Scheibenbremsen (Porsche-Dunlop) vorn und hinten. Alu-Karosserie auf Gitterrohrrahmen, Radstand 2,335m, Länge 4,020m, Breite 1,550m, 670 kg Gewicht. Reifen/Felgen: vorn 5,50×15 Zoll / hinten 6,50×15 Zoll.

Renneinsätze des 718 GTR 1962 und 1963: siehe Übersicht

Targa Florio 1962: Zum Renndebut bei der Targa 1962 übergab Porsche die beiden neuen Achtzylinder, das 718 GTR Coupé und den 718 W-RS Spyder, der Scuderia SSS Republica di Venezia des Conte Volpi, vermutlich um für das unmittelbar bevorstehende Debut des Formel 1-Wagens (Typ 804) beim Grand Prix der Niederlande über mehr Personal zu verfügen. Während der Spyder im traditionellen alu-silber antrat, erhielt das Coupé eine mattrote Lackierung. Der Grund für die abweichende Farbe ist umstritten. Wäre der bessere Schutz vor Steinwürfen chauvinistischer Tifosi (oder ähnlichen Aktionen) der Grund gewesen, hätte man wohl auch den Spyder rot lackiert. Vielleicht war es eher eine Verbeugung vor dem italienischen Einsatzteam und dem Piloten Nino Vaccarella. Der Sizilianer (geboren 1933 in Palermo) galt schon 1962 als Targa-Experte und „local hero“, er wurde daher speziell für dieses Rennen von Porsche bzw. der Scuderia SSS engagiert. Eigentlich war als Kopilot Graham Hill gemeldet, der im selben Jahr Formel 1-Weltmeister werden sollte.

Der Spyder war mit den beiden Porsche-Formel 1-Assen Dan Gurney und Joakim Bonnier ebenfalls hervorragend besetzt – Bonnier hatte bereits 1960 für Porsche den Targa-Gesamtsieg geholt. Im Rennen fiel dann Gurney mit dem Spyder früh durch Unfall aus, vermutlich aufgrund eines Defekts der neuen Porsche-Scheibenbremsen. Daraufhin war Bonnier eigentlich „arbeitslos“, er wurde aber zur Ablösung von Vaccarella auf das Coupé umgesetzt – offenbar traute man ihm bei Porsche bessere Streckenkenntnisse des schwierigen 72 km-Rundkurses zu als dem zumindest hier weniger erfahrenen Hill. Auch beim Coupé stellten sich Probleme bei den noch wenig getesteten Scheibenbremsen ein, so dass man am Ende zwei Ferrari Dino (246 SP und 196 SP) den Vortritt lassen musste – für Porsche sicher ein eher enttäuschendes Resultat.

Für Nino Vaccarella, Schulmeister aus Palermo, war der Einsatz mit dem Porsche 718 GTR sein fünfter Start bei einem Targa Florio-Rennen mit FIA-Prädikat. 1958 begann er dort mit einer privaten Lancia Aurelia, dann folgten drei Einsätze mit Maserati (1959: Tipo 200S /  1960: Tipo 61 Camoradi, Kopilot Maglioli / 1961 Tipo 63 Scuderia Serenissima, Kopilot Trintignant, Platz 4). Nach seinem Porsche-Intermezzo wechselte er zu Ferrari. Sein Targa-Sieg 1965 mit dem 275 P2 (zusammen mit Bandini) war sicher einer der Höhepunkte seiner Rennkarriere, neben seinem Le Mans-Gesamtsieg 1964 mit einem Ferrari 275 P.

Modelle des 718 GTR in 1:43: siehe Übersicht (Stand 2021)

Ende der 1970er Jahre gab es bereits Metallbausätze in Kleinserie von John Day und Grand Prix Models.

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Porsche 718 GTR, Targa Florio 1962 (Platz 3), Grand Prix Models

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Etwa 1986 folgte dann mit einem Resine-Kit von Starter das erste Modell mit akzeptabler Qualität. Jüngeren Datums ist der Resine-Kit von Jade, mit dem alle Varianten des 718 GTR gebaut werden können. Die Qualität des Jade-Modells entspricht etwa der des älteren Starter-Modells.

Bauanleitung Jade 718 GTR

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Porsche 718 GTR, Bausatz von Jade

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Porsche 718 GTR Targa Florio 1963, Sieger (Bonnier-Abate), Modell: Jade

Modell von Spark: Spark hatte das Coupé als Le Mans-Version 1963 bereits vor Jahren angekündigt, 2016 war es endlich lieferbar. Die rote Targa-Variante von 1962 war dagegen eine echte Überraschung, ein schöner roter Tupfer unter den ansonsten silbernen oder weißen Porsche-Modellen der 1950er und 1960er Jahre.

Rudi Seidel hat das Spark-Modell auf der Webseite „auto-und-modell“ bereits im März 2016 vorgestellt und die korrekte Form sowie die gelungene mattrote Lackierung und einige schöne Details (Scheibenränder, Lüftungsgitter am Heck, Scheinwerfergestaltung) lobend erwähnt. Und natürlich wurde dort auch bereits auf das Problem der Startnummer auf der Fronthaube eingegangen: Das Spark-Modell hat vorn die Startnummer, es folgt hier  – so meine Vermutung anhand ausgiebiger Fotostudien – der Version beim offiziellen Zeittraining. Auf den Fotos vom Rennen fehlt die vordere Startnummer dagegen. Eine Erklärung mag sein, dass die bei den beiden Porsche-Fahrzeugen aufgeklebten (und nicht wie sonst bei der Targa üblich aufgemalten) Startnummern auf dem matten Lack des Coupés nicht gut hielten, insbesondere, wenn sie dem Fahrtwind ausgesetzt waren, was ja vor allem die vordere Startnummer betrifft. Tatsächlich existiert ein Foto, bei dem sich eine der vorderen Ziffern gerade ablöst (zur Quelle später mehr). Im Übrigen fehlte im Rennen auch beim W-RS-Spyder die vordere Startnummer. Vermutlich hat man vor dem Rennen bei beiden Fahrzeugen die vorderen Startnummern einfach entfernt, damit die Fahrer nicht irritiert werden. Es gibt auch Fotos, auf denen das Coupé hinten ein Kennzeichenschild trägt. Das waren allerdings ziemlich sicher Fotos vom inoffiziellen Training vor den Renntagen oder später auf dem Porsche-Werksgelände, während der Veranstaltung selbst (Zeittraining und Rennen) hatten die Fahrzeuge kein Kennzeichen am Heck. Den Versuch, die vordere Startnummer zu entfernen, habe ich angesichts der Mattlackierung lieber nicht gewagt. Bei Bausätzen des Modells (Starter, Jade) kann der Modellbauer natürlich über die Startnummern-Variante selbst entscheiden.

Ein zweites Thema sind die Felgen und Reifen, insbesondere bei Modellen der 1950er und 1960er Jahre bei Spark leider ein häufiger Kritikpunkt – so auch hier. Der Gesamteindruck eines Modells wird nun einmal entscheidend von den korrekten Dimensionen und Formen der Felgen und Reifen geprägt, sie bestimmen ja auch den stimmigen Bodenabstand und die Spurweite. Der 718 GTR hatte zwar gegenüber den Vorgängern (RS 60, 718 RSK) bereits etwas breitere Felgen und Reifen (siehe oben, technische Daten), sie waren aber vorn und hinten unterschiedlich breit, und der innere Teil der Felgen sah bei den Vorderrädern anders aus als hinten. Durch die zu großen Spark-Reifen hat das Modell auch einen zu hohen Bodenabstand. Spark hat es sich mit seinen zu breiten und vorn und hinten identischen „Einheitsrädern“ etwas zu leicht gemacht, denn die Dimensionen sind bekannt, Fotos der Felgen sind zahlreich und leicht zugänglich. Wenn man bedenkt, mit welchem Aufwand Spark die Felgen und Reifen der modernen Rennsportwagen (LMP, GTE) gestaltet, ist das schon enttäuschend.

Eine Korrektur der Felgen/Reifen auf Basis der Spark-Teile erscheint schwierig. Ich hatte den Vorteil, auf korrekte Felgen zurückgreifen zu können, die mir Modellbaufreund PL auf Basis alter Resine-Felgen eines Porsche 718-Bausatzes von Vroom nachgegossen hat. Passende Reifen fand ich in meiner gut sortierten Ersatzteilkiste. Leider haben viele andere Modellsammler diese Möglichkeiten nicht und müssen sich in diesem Punkt mit der Unzulänglichkeit eines ansonsten sehr schönen Modells abfinden.

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Porsche 718 GTR, Resincast-Modell von Spark, hier mit den Original-Reifen und Felgen von Spark

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Porsche 718 RSK, Modell Spark, hier mit den umgerüsteten Resine-Felgen von PL und passenden Reifen

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass das Modell gemessen am Maßstab 1:43 etwas zu klein, insbesondere zu kurz geraten ist. Dies gilt auch für den 718/8 Spyder von Spark oder die älteren Starter-Bausätze zu den 718/8 Varianten. Gemessen am Radstand liegt der Maßstab der Modelle eher bei 1:45, bei der Breite kommt man dagegen dem Maßstab 1:43 recht nahe. Das wird dann zum Problem, wenn die Modelle neben andere maßstabgerechte Modelle gestellt werden. Bleiben die hier vorgestellten Modelle des Porsche 718 von Starter oder Spark unter sich, ist die Abweichung vom Maßstab dagegen eher tolerabel.

Abseits dieser Kritik sind nur Kleinigkeiten zu bemängeln. So müsste das Wischerblatt des Pantograph-Scheibenwischers auf der Scheibe aufrechter stehen. Das kann man aber entsprechend ändern: Der Wischer lässt sich leicht ablösen, und dann dreht man – vorsichtig – das Wischerblatt, bis es den korrekten Winkel erreicht hat. Die beiden Hupen in der Front des Fahrzeugs haben in der Mitte einen kleinen silbernen Punkt. Die farbliche Gestaltung der Blinker- und Rücklicht-Einheiten (rot-/orange-metallic) halte ich nicht für realistisch. Ich habe das mit normalen Humbrol-/Revell-Farben (rot, orange, weiß, silber) korrigiert und die Leuchteinheiten am Ende mit Klarlack überzogen. Und schließlich habe ich die seitlichen Lüftungsschlitze noch mattschwarz hinterlegt – das erfordert aber viel Geduld und eine ruhige Hand.

Alles in allem – bis auf die Fehler bei den Felgen/Reifen und die geringe Maßstababweichung – ein sehr schönes Modell der Trainingsversion des 718 GTR Targa Florio-Coupés von 1962, eine passende Ergänzung von Porsche- oder Targa Florio-Sammlungen oder von Fahrzeugen, die von Nino Vaccarella pilotiert wurden.

Quellen zum 718 GTR (Berichte und Fotos):

Eine ganze Reihe von Fotos des 718 GTR Coupés der Targa Florio 1962 ist auf der Webseite „targapedia“ sichtbar, dort sind ebenfalls viele Bilder vom 718 W-RS Spyder desselben Rennens zu sehen, einige auch in Farbe. Es gibt dort sogar eine kurze Filmsequez (ca. eine Minute), in der der Rennstart des 718 GTR (ohne vordere Startnummer) zu sehen ist. Ansonsten helfen die zahlreichen Porsche-Bücher zu den Rennsport-Fahrzeugen aus Zuffenhausen oder spezielle Targa Florio-Bücher sowie einschlägige Webseiten weiter.

Hier nur zwei Beispiele: (1) Brian Long, Porsche Racing Cars 1953 to 1975, Veloce Publishing, Dorchester 2008; (2) M. Clarke, Targa Florio – The Porsche & Ferrari Years 1955-1964, Brooklands Books, Cobham (Zusammenstellung alter Targa Florio-Reports britischer Autojounals, Fotos in SW).

Bericht (f): Porsche RS 61, Vierzylinder-Spyder mit der runden Form (718-044)

Targa Florio 1961, Moss – Graham Hill

Das Original

1961 setzte Porsche unter der Bezeichnung „RS 61“ drei verschiedene Modelle der Sportwagenklasse in den Rennen der Sportwagen-WM ein: In Le Mans starteten zwei „Le Mans Coupés“ (718-045 und 046), außerdem trat der neue 718-047 W-RS Spyder mit längerem Radstand und gestreckter Karosserie an, noch mit dem traditionellen Vierzylinder-Motor. Das Rückgrat der Einsätze bildeten aber drei Spyder, die im Vorjahr mit ihrer typischen rundlichen Form noch unter dem Namen „RS 60“ an den Start gingen und nun einfach in „RS 61“ umgetauft wurden. 718-041, 043 und 044 wurden werkseitig eingesetzt, in der Regel mit 1,7 Liter-Vierzylinder-Motoren, darüber hinaus starteten einige der zehn 1960 an diverse Teams verkauften RS 60 alias RS 61 in Privathand.

Einige technische Daten des RS 61 („runde Form“): Vierzylinder-Boxermotor (Mittelmotor), Hubraum 1,7 Liter oder 2,0 Liter. 2-Liter-Motor: 92×74 = 1966ccm, Luftkühlung, 2 OHC pro Zylinderreihe, 2 Doppelvergaser, ab 160 PS (7200 U/min), 5 Gänge, Trommelbremsen, Alu-Karosserie (gebaut bei Wendler) auf Gitterrohrrahmen. Länge 3,700m, Breite 1,510m, Radstand 2,200m, Gewicht knapp 600 kg. Felgen/Reifen vorn: 5,50×15 Zoll, hinten: 5,90×15 Zoll.

Die Bilanz der Renneinsätze 1961: Die drei Fahrzeuge der „runden“ Variante des RS 61 wurden in den vier klassischen Endurance-Rennen (Sebring, Targa Florio, Nürburgring, Le Mans) zusammen sechsmal eingesetzt, aber außer einem dritten Platz bei der Targa Florio gab es keine zählbaren Resultate, in fünf Fällen fielen die Autos aus. Die beiden anderen RS 61-Varianten waren etwas erfolgreicher – fünf Einsätze, fünf Zielankünfte, darunter ein zweiter Platz bei der Targa Florio. Insgesamt ging die Sportwagen-WM aber klar an Ferrari mit seinen neuen bzw. aerodynamisch überarbeiteten Typen 246 SP (erstmals bei Ferrari mit Mittelmotor) und 250 TRI. Die erfolgreiche Saison 1960 mit zwei Gesamtsiegen des RS 60 (Sebring, Targa Florio) konnte Porsche also nicht wiederholen. Möglicherweise musste man in Zuffenhausen der Doppelbelastung Formel 1 und Sportwagen Tribut zollen, vielleicht war der alte Vierzylinder-Motor auch langsam am Ende seiner Entwicklung angelangt.

Für Porsche war die Targa Florio immer ein Saison-Höhepunkt – hier konnte man das Hubraumdefizit z.B. gegenüber Ferrari mit einer traditionell guten Straßenlage und mit renommierten Piloten ausgleichen und um den Gesamtsieg fahren. Grund genug, bei diesem Rennen, das immer die europäische Saison eröffnete, mit neuen Konstruktionen aufzutreten. 1961 war Porsche mit drei Werks-RS 61 am Start, darunter zwei Fahrzeuge mit dem neuen 2,0 Liter-Motor. (1) RS 61 718-044 mit der traditionellen Spyder-Karosserie des RS 60, gefahren von Moss und Graham Hill (Nr. 136), (2) RS 61 718-043, gleiche Form wie das Moss-Auto, mit Herrmann und Edgar Barth (Nr. 132) mit 1,7 Liter-Motor, und (3) RS 61 718-047, das neue Auto mit dem längeren Radstand und einem 2,0 Liter-Motor, mit Bonnier und Gurney (Nr. 134).

Training: Moss fuhr mit dem 718-044 die schnellste Trainingszeit (da noch mit dem 1,7 Liter-Motor). Er saß die meiste Zeit des Rennens, 8 von 10 Runden, am Steuer, lieferte einen weiteren Beweis dafür, dass er 1961, seiner letzten Saison vor dem schweren Unfall in Goodwood, eindeutig der weltweit schnellste Grand Prix- und Sportwagenpilot war. Natürlich wurden dem Starpiloten keine Wünsche ausgeschlagen: Nach dem Training bat er um den Einbau des drehmomentstärkeren 2-Liter-Aggregats (Reserve-Motor für den 2-Liter 718-047). Außerdem sollte die Frontpartie mit einer großen, signalgelben Fläche versehen werden, damit ihn die Piloten langsamerer Fahrzeuge (und das waren ja fast alle) im Rückspiegel schneller erkennen konnten. Gesagt – getan: Porsche-Teamchef Huschke von Hanstein wusste, was er seinem besten Pferd im Stall schuldig war. Die Aufschrift „Camoradi“ spielte im Übrigen nur eine untergeordnete, finanzielle und organisatorische Rolle, das Camoradi-Team (Casner Motor Racing Division) war nicht anwesend, der Spyder wurde komplett vom Werkspersonal betreut.

Rennen: Für das Rennen am 30. April ergab sich aus den Trainingszeiten eine eindeutige Prognose: Moss fuhr klar die schnellste Zeit mit knapp unter 41 Minuten für die 72 km-Runde gefolgt von Joakim Bonnier im neuen RS 61 (047), er hatte schon 1½ Minuten Rückstand. Dann folgte der schnellste Ferrari, von Trips blieb aber mit dem 246 SP fast drei Minuten hinter der Moss-Zeit. Dabei war der Ferrari allerdings mit dem Team von Trips-Gendebien ausgeglichen besetzt, während  die Partner von Moss und Bonnier, Graham Hill und Dan Gurney, aufgrund ihrer nur geringen Targa Florio-Erfahrung vermutlich deutlich langsamer waren als die beiden Trainingsschnellsten. Von Hanstein plante daher, Moss und Bonnier den Großteil der zehn Runden zu überlassen und die beiden Amerikaner nur für je zwei Runden ans Steuer zu setzen.

Moss zeigte dann eine der fabelhaftesten Leistungen seiner an Höhepunkten nicht armen Sportwagen-Karriere. Nach vier Runden übergab er das Steuer mit zwei Minuten Vorsprung vor Bonnier und von Trips an Graham Hill. Nach einem missglückten Boxenstopp und zwei Runden von Hill übernahm Moss dann wieder das Steuer für die letzten vier Runden, aber nach sieben Runden hatte er nun seinerseits einen Rückstand von über einer Minute auf den Ferrari. Es folgte Stirlings verwegene Jagd Teil 2, und nach neun Runden lag er wieder mit über einer Minute vor von Trips – unglaublich. Aber der Deutsche gab sich noch nicht geschlagen – die letzte Runde fuhren beide am Limit, allerdings mit sehr unterschiedlichem Ausgang. Während Moss acht km vor dem Ziel mit Getriebeschaden strandete, fuhr von Trips mit 40 Min. 3 Sek. eine Traumrunde, die allerdings ohne Stirlings Pech wohl kaum noch zum Sieg gereicht hätte. Nach 9½ Runden Vollgasfahrt über die anspruchsvolle Madonie-Rundstrecke hatten sich die Befestigungsschrauben des Getriebe-/Differentialgehäuses gelockert, das Getriebeöl verteilte sich auf der Rennstrecke, und fünf Minuten vor Rennende blieb der Porsche einfach stehen. Die Sizilianer feierten „ihren“ siegreichen Ferrari, aber für die internationale Presse war Moss der moralische Sieger. Porsche musste sich mit den Plätzen zwei mit dem neuen 047 und drei (718-043) zufrieden geben.

Das Modell

Vom RS 60 und vom baugleichen RS 61 (Targa Florio, 043 und 044) gab es in den späten 1980er Jahren bereits Resine-Modelle von Starter. Sie wurden zunächst exklusiv für den Porsche Modell Club als Handarbeits-Fertigmodelle vertrieben, waren später aber auch als Bausätze im freien Verkauf erhältlich. Für die damalige Zeit waren es vorzügliche Modelle, zumal vom RS 60/RS 61 zuvor noch nie ein 1:43-Modell produziert wurde. Später kam auch Minichamps mit einem 1:43-Diecast heraus. Das Modell liegt mir nicht vor, nach den Fotos zu urteilen, scheint es allerdings etwas zu gestreckt und zu flach zu sein. Spark kam nun vor Kurzem mit dem RS 60 als Sieger von Sebring und der Targa Florio 1960 heraus. Ausführliche Beschreibungen der beiden Spark-Modelle sind auf der Webseite „auto-und-modell“ nachzulesen.

Starter-Modelle des Porsche RS 60 (Saison 1960)

Starter-Modelle des RS 61 (Nr. 132 und 136: Targa Florio 1961)

Ein Vergleich der Modelle von Starter und von Spark kann hier anhand des RS 60 (Starter, Targa Florio 1960) und des RS 61 (Spark, Traga Florio 1961) erfolgen, die ja bis auf die Zusatzscheinwerfer beim RS 61 formal identisch sind.

RS 60, Targa Florio-Sieger 1960, Modell von Starter

RS 61, Targa Florio 1961, Modell von Spark

Die Seitenansichten der beiden Modelle – Starter und Spark – zeigen zwei wesentliche Unterschiede: Das Starter-Modell wirkt gedrungen, insbesondere weil die Heckpartie deutlich höher ist als bei Spark. Außerdem ist der vordere Überhang bei Starter kürzer als bei Spark. Auf den ersten Blick erscheint die Linie bei Spark das Original besser zu treffen. Die Vermessung der Modelle spricht allerdings z.T. eine andere Sprache, denn der Spark-RS ist mit 9,0cm deutlich länger als das Originalfahrzeug in 1:43 (8,6cm), jeweils gemessen ohne Auspuffendteil und ohne die Zusatzscheinwerfer. Das Starter-Modell wäre demnach in der Länge korrekt, dort ist aber der Radstand etwas zu kurz (4,9 gegenüber 5,1cm beim Original und bei Spark). Die Fahrzeugbreite ist bei beiden Kandidaten maßstabgerecht (gut 3,5cm). Vermutlich ist die Heckpartie bei Spark besser als bei Starter, beim vorderen Überhang kommt dagegen Starter dem Original näher.

Lackierung und Karosseriedetails (Öffnungen, Hauben- und Türspalten, Heckgrill, Beleuchtung, Frontscheibe, Auspuff, Decals) sind bei Spark gelungen, die Camoradi-Aufkleber fehlen nicht, und die Form der Startnummern entspricht dem Original-Fahrzeug – seitlich und vorn hatten die Ziffern eine andere Form als hinten – korrekt! Sogar die kleinen Unregelmäßigkeiten der Ziffern vorn und seitlich wurden beachtet. Das Cockpit wurde sehr detailliert gestaltet – besser als bei Starter.

Wie immer gibt es dennoch kleine Kritikpunkte: Das Lenkrad ist zu klein, und rechts auf dem Armaturenbrett fehlt ein Castrol-Aufkleber. Zwei Modelldetails stoßen allerdings auf stärkere Kritik: Erstens stehen die Zusatzscheinwerfer viel zu weit aus der Karosserie heraus, sie müssten stärker in die Front integriert sein – so wie Starter es korrekt vorgemacht hat. Und zweitens zeigt Spark bei Felgen/Reifen wieder mal Schwächen: Die Reifen sind viel zu breit (0,50cm gegenüber ca. 0,35cm beim Original in 1:43) – fast schon eine Spark-Tradition. Und die Felgen sind bei Spark vorn und hinten gleich, sie müssten aber unterschiedlich sein – siehe Foto vom Starter-Modell. Der innere Teil der vorderen Felge hatte eine Speichenstruktur, die bei der hinteren Felge fehlt. Bei den vorderen Felgen bei Spark fehlt diese Struktur aber.

Alles in allem zeigt Spark gegenüber Starter den Fortschritt der Modellgestaltung über die letzten 30 Jahre, schafft es aber durch ein paar Makel (Frontpartie mit Zusatzscheinwerfern und Reifenbreite) doch nicht, ein fehlerloses Modell zu präsentieren.

rechts das Siegerfahrzeug: Ferrari 246SP (Gendebien-von Trips), Modell: John Day

Quellen:

Eine ganze Reihe von Fotos des RS 61 der Targa Florio 1961 ist auf der Webseite „targapedia“ sichtbar, Originalfotos vom Rennen und Fotos von Modellen in 1:43.

Ansonsten helfen die zahlreichen Porsche-Bücher zu den Rennsport-Fahrzeugen aus Zuffenhausen oder spezielle Targa Florio-Bücher sowie einschlägige Webseiten weiter. Hier nur drei Beispiele: (1) Brian Long, Porsche Racing Cars 1953 to 1975, Veloce Publishing, Dorchester 2008; (2) M. Clarke, Targa Florio – The Porsche & Ferrari Years 1955-1964, Brooklands Books, Cobham (Zusammenstellung alter Targa Florio-Reports britischer Autojounals, Fotos in SW); (3) Paul Parker, Sports Car Racing in Camera 1960-69, Behemoth Publ., Winkanton (UK), 2016, dort auf S. 35: Heckbild des RS 61 Moss bei der Targa Florio 1961.

 

 

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