Themenschwerpunkte dieser Webseite sind eigentlich der Langstrecken-Rennsport und die entsprechenden Modelle in 1:43. Eine Handvoll von Beiträgen hat sich aber bislang schon mit Themen außerhalb der Endurance-Szene beschäftigt. Dabei ging es z.B. um die Geschichte der PKW-Motorisierung in Westdeutschland im ersten Jahrzehnt nach dem Krieg, dargestellt anhand der Jahre 1954 und 1957, sowie um die ersten Jahre des deutschen Motorsports ab 1947 oder die Geschichte rund um die „Kieler Hafenkurs“-Rennen 1949 bis 1952.
Auch dieser Bericht taucht in die frühen Jahre der 1949 gegründeten Bundesrepublik ein und befasst sich mit einem besonderen Segment der wachsenden Motorisierung in den 1950er Jahren, den Kleinst- und Kleinwagen. Die Spanne reicht dabei von primitivsten Behelfsfahrzeugen, entstanden in Kleinserien und unter heute kaum vorstellbaren Bedingungen, über die immer noch bekannten und geliebten „Kabinenroller“ bis hin zu „ernsthaften“ Kleinwagen, die nach dem Storchschnabel-Prinzip verkleinerte Ausgaben der etablierten Mittelklassewagen darstellten – immer vor dem Hintergrund, den Menschen mit ihren bescheidenen Einkommen jener Zeit den Umstieg vom Kleinmotorrad oder Motorroller zu einem Fahrzeug mit „Dach über dem Kopf“ zu ermöglichen oder ihnen ein wirtschaftliches Fahrzeug zu bieten, das im Preis und im Unterhalt unterhalb des Volkswagen angesiedelt war. Dieser war zwar damals der Traum vieler Menschen, er blieb aber für die meisten „Normalverdiener“ unerreichbar, und das änderte sich erst allmählich Ausgangs der 1950er Jahre.
Immerhin – vor allem in der zweiten Hälfte des ersten Nachkriegs-Jahrzehnts gab es einige Alternativen zum Volkswagen, die dem Wolfsburger in Sachen Komfort und Platzangebot ebenbürtig und bei Kaufpreis und laufenden Kosten auf Augenhöhe waren – die „700 ccm“-Klasse. Deren erste Vertreter, der DKW Meisterklasse und der Goliath GP700, wurden 1959 von modernen Konstruktionen (DKW Junior, Lloyd Arabella) abgelöst, die mit ihrem modernen Design das neue Jahrzehnt einläuteten, den VW zumindest optisch recht alt aussehen ließen, aber eigentlich nicht mehr zur Kleinwagen-Klasse zu rechnen waren. Der folgende Beitrag bezieht diese Fahrzeuge daher nicht in die Gruppe der Kleinwagen mit ein, die Hubraumgrenze soll hier bei 600 ccm liegen, und es geht nur um in der Bundesrepublik produzierte Fahrzeuge, also nicht um die Kleinwagen der DDR oder um aus Italien oder Frankeich importierte Autos (Fiat, Renault).
Quellen: Eine wichtige Buchquelle zu diesem Thema ist zwar schon etwas älter, aber Hanns Peter Rosellens Buch „Deutsche Kleinwagen nach 1945“ (Weltbild Verlag) ist auch heute noch das Standardwerk, mit einer Fülle von Informationen, aber auch mit zum Teil spannenden Beschreibungen der frühen Nachkriegsperiode 1945 bis 1955. Die etwas neuere Ausgabe von 1991 ist dabei noch umfassender und daher besonders zu empfehlen. Die bekannteste Buchquelle zu allen deutschen PKW der Nachkriegszeit ist das Buch von Werner Oswald, Autos in Deutschland – Eine Typengeschichte (Motorbuch Verlag Stuttgart), in der hier vorliegenden Ausgabe von 1966 behandelt es die Periode 1945 bis 1966. Und darüber hinaus gibt es in heutiger Zeit natürlich jede Menge Webseiten, die sich mit dem Thema beschäftigen.
Im Folgenden wird die Entwicklung der Kleinst- und Kleinwagen in Westdeutschland in erster Linie chronologisch dargestellt, wobei sich die Geschichte bis etwa 1955 stark an dem Einleitungskapitel von Rosellen orientiert. Die Produktionszahlen stammen ebenfalls aus seinem Buch, z.T. auch aus dem Buch von Oswald.
Um es vorweg zu nehmen: Drei der vier nach Produktionszahlen bis 1959 (Quelle: Oswald) erfolgreichsten Kleinwagen kamen erst Mitte der 1950er Jahre auf den Markt. Es waren Carl Borgwards Viertakt-Lloyd 600/Alexander mit 170 Tsd. produzierten Fahrzeugen im Zeitraum 1955-1959, das Goggomobil von Hans Glas (145 Tsd. Limousinen und Coupés 1955-1959) und die Isetta von BMW (knapp 120 Tsd. 1955-1959), wobei der Goggo und die Isetta noch bis weit in die 1960er Jahre gebaut wurden. Mit Abstand erfolgreichster Kleinwagen der frühen 1950er Jahre war der Lloyd 300/400 – in der Zeit 1950-1956 entstanden in Bremen knapp 130 Tsd. Lloyd mit Zweitaktmotor. Lloyd und Goggo folgten dabei dem Storchschnabel-Prinzip, es waren Verkleinerungen „normaler“ PKW. Die Isetta war dagegen die erfolgreichste Kopie des italienischen Vorbilds Iso Isetta, die Ende 1953 vorgestellt wurde. Der bei Marktanalysen und Umfragen aus jener Zeit favorisierte Kleinwagen-Typ eines Wagens mit vier Rädern, zwei Sitzen und Zweitaktmotor im Heck konnte sich – gemessen an den Produktionszahlen – eigentlich nie nachhaltig durchsetzen.
Um die genannten Zahlen ins rechte Licht zu rücken, sollte man den Vergleich mit dem Volkswagen heranziehen: Knapp 650 Tsd. produzierte Fahrzeuge in den Jahren 1950-1954 und über 2 Millionen in der Zeit 1955-1959 – gemessen daran blieben die Kleinwagen vielleicht doch hinter den Erwartungen zurück, der Volkswagen war bis in die 1970er Jahre das Maß aller Dinge auf deutschen Straßen.
Die ersten Jahre bis 1953
Bis 1948 blieb der Erwerb eines Autos für Deutsche in „Trizonesien“, dem von den drei Westmächten besetzten Land, praktisch unerfüllbar. Fahrten mit den über den Krieg geretteten Vorkriegsautos wurden bei den Deutschen reglementiert, Benzin streng rationiert. Ein paar neu produzierte Mercedes, Opel oder Ford gingen überwiegend an Personen der Besatzung, es waren aber nur leicht aufgefrischte Vorkriegsautos. Auch der Volkswagen war ja eine Konstruktion aus den späten 1930er Jahren.
Bewegung entstand erst mit der Währungsreform von 1948, also der Einführung der Deutschen Mark, und mit neuen Messen in Hannover (1948) und Reutlingen (Motorschau 1949). In Reutlingen zeigte der bekannte Rennfahrer Hermann Holbein seinen „Champion 250“, das erste wirklich neue deutsche „Kleinstauto“, das den Vorstellungen eines Kleinwagens schon recht nahe kam, der möglichst nicht mehr als die Hälfte eines Volkswagen kosten sollte. Beim Wolfsburger Einheitsprodukt musste man damals etwa 5500 DM (Typ „Export“) auf den Tisch legen, das waren über 20 Monatsgehälter eines Facharbeiters oder kleineren Angestellten – von einem „Volkswagen“ konnte da keine Rede sein. Folglich begannen mehrere Ingenieure, Kaufleute und Autoverrückte Ende der 1940er Jahre mehr oder (meist) weniger erfolgreich damit, ein Mobil für die kleinen Leute zu entwickeln.
Beispiele:
Fritz Fend mit seinem „Flitzer“, Prototyp 1948, später Kooperation mit Willy Messerschmitt, ab 1952 Entwicklung des Messerschmitt Kabinenrollers
Hermann Holbein, „Champion“-Prototypen ab 1946, Champion 250 (1950) und 400 (ab 1951)
Wilhelm Meyer („Meyra“ Krankenfahrstühle), Entwicklung von dreirädrigen Kleinstwagen ab 1948
Paul Kleinschnittger mit seinem kleinen Sport-Roadster (ab 1949)
Walter Gutbrod mit dem Gutbrod Superior (Prototyp 1949)
Norbert Stevenson mit dem ersten Fuldamobil 1949
Egon Brütsch mit einem schnittigen Einsitzer („Eremit“) 1950
Und vor allem: Carl Borgward mit dem Lloyd 300, Produktionsbeginn 1950
Aus heutiger Sicht sind eigentlich nur noch der aus dem Fend Flitzer entwickelte Messerschmitt und natürlich der „Leukoplast“-Lloyd bekannte Größen.
Andere, z.T. durchaus interessante Entwicklungen (z.B. Champion, Gutbrod) scheiterten letztlich an Kapital- und Materialmangel, an Fehleinschätzungen der Unternehmensleitung, an der erdrückenden Konkurrenz etablierter Großserien-Hersteller (Lloyd, später Isetta und Goggomobil) mit ihrem professionellen Kundendienst und Ersatzteilservice und nicht zuletzt an der aggressiven Preispolitik von Volkswagen: Der Preis für den „Export“ sank zwischen 1950 und 1955 von 5500 auf 4600 DM, und damit verringerte sich der Preisabstand zu vielen Kleinwagen deutlich, zumal diese oft nur in kleiner Serie gefertigt wurden – ein Teufelskreis.
Im Jahr 1952 war das Pro Kopf-Einkommen in der Bundesrepublik 1952 gerade einmal halb so hoch wie in Frankreich oder Großbritannien, und gegenüber anderen Ländern Europas (Belgien, Niederlande, Schweiz) war man noch weiter im Rückstand. So wundert es nicht, dass die Mobilität Anfang der 1950er Jahre für die meisten Menschen in Westdeutschland zu Fuß, mit Bus und Bahn oder mit dem Fahrrad stattfand, und sofern man motorisiert war, handelte es sich mehrheitlich um kleine Motorräder bis 125ccm Hubraum oder die damals ganz neuen, schicken Motorroller, die etwas besseren Wetterschutz boten. Das waren keine Freizeitgeräte, sondern ganzjährig genutzte Fahrzeuge vor allem für den Weg zur Arbeit oder zum Schrebergarten. 1952 gab es in Westdeutschland fast 2 Millionen motorisierte Zweiräder, aber noch nicht einmal eine Million PKW, und weniger als 8% der PKW-Neuzulassungen gingen an Arbeitnehmer.
1953-1956
Das Jahr für Jahr steigende Durchschnittseinkommen verstärkte etwa ab 1953 den Wunsch, das dem Wetter ausgesetzte Zweirad durch ein „Dach über dem Kopf“ zu ersetzen. Spätestens 1955 mündete dieser Trend in den „Kleinwagen-Boom“, der in dieser Form bis Ende der 1950er Jahre anhalten sollte. Beim Umstieg vom kleinen Motorrad oder Roller zu einem „richtigen“ PKW wie z.B. dem Volkswagen, dem DKW oder dem Goliath wäre ein etablierter Gebrauchtwagenmarkt hilfreich gewesen, aber der steckte damals noch in den Kinderschuhen, und die laufenden Kosten für ein ausgewachsenes Auto waren für viele Menschen noch unerschwinglich, egal ob es neu oder gebraucht gekauft wurde. Daher waren zunächst für die „Normalverbraucher“ fast nur die Kleinwagen in der Lage, den Wunsch nach einem Auto zu erfüllen.
In den Jahren 1955 bis 1958 schossen daher neue Kleinwagen wie Pilze aus der Erde: Isetta und Goggomobil (beide ab 1955) kosteten um die 3000 DM – immer noch ein stolzer Preis, aber die niedrigen laufenden Kosten (Steuer, Versicherung, Sprit) waren ein entscheidender Vorteil. Auch der Messerschmitt 200 kam im Jahr 1955 heraus, ebenso der in Neckarsulm in Lizenz gebaute NSU Fiat 600. Lloyd vollzog mit dem neuen 600 den Schritt zum Viertaktmotor. Neuerscheinungen 1956 waren Maico und Heinkel Kabine, 1957 der BMW 600 („Isetta lang“) und der Zündapp Janus und schließlich 1958 der erste NSU Prinz. Das Angebot reichte also von kleinen Viersitzern mit vier Rädern in traditioneller Limousinenform (Goggo, Fiat, Lloyd, NSU) bis zu den Kabinenrollern, die z. T. dem Vorbild der Iso Isetta folgten (BMW Isetta, Heinkel Kabine, Messerschmitt), mit den Sonderfällen BMW 600 und Zündapp Janus.
1956-59
Parallel zu den Neuerscheinungen fand allerdings auch ein Ausleseprozess statt, der eine zunehmende Konzentration des Kleinwagenangebots auf etablierte, kapitalkräftige Produzenten zur Folge hatte – die Zeit der Tüftler und ihrer Kleinserienfertigung war endgültig vorbei. Ende des Jahrzehnts beherrschten Isetta, Goggo, Lloyd, NSU Fiat oder NSU Prinz den Markt, während Messerschmitt, Zündapp oder Heinkel nur noch eine Nebenrolle spielten. Anfang der 1960er Jahre schieden dann auch der Lloyd im Zuge des Borgward-Konkurses und die Isetta aus. Der weiterhin steigende Wohlstand (siehe unten1), ein wachsender Gebrauchtwagenmarkt und der Wunsch nach einem „vollwertigen“ Auto für vier Personen drängte die Kleinwagen-Szene immer weiter an den Rand der Palette deutscher PKW. Die Zukunft bei den wirtschaftlichen Autos gehörte nun mehr denn je dem Volkswagen und der neuen Fahrzeugklasse mit Motoren von 700 bis 900 ccm: DKW Junior, Renault Dauphine, Glas Isar, BMW 700 (die Arabella hätte hier auch gut hineingepasst). Ein technisches Zeitalter ging zu Ende.
1 Wirtschaftsdaten zur Entwicklung des Neuwagen-Kaufpreises in Relation zum Einkommen eines Industriearbeiters: Wie viele Monate muss ein Arbeiter für den Erwerb eines Volkswagen oder eines Lloyd arbeiten? (Maßstab: Durchschnittlicher tariflicher Nettolohn eines Arbeiters, verheiratet, 2 Kinder, siehe Webseite „Was War Wann?“)
1950 Volkswagen Export 22,2 Monate / Lloyd 300 13,6 Monate
1953 Volkswagen 16,8 / Lloyd 400 12,3 Monate
1955 Volkswagen 13,7 / Lloyd 400 9,5 Monate
1959 Volkswagen 12,1 / Lloyd 600 9,1 Monate
Zum Vergleich 2012: VW Polo 4,9 / VW Golf 6,9 Monate (jeweils Basismodell)
Wesentliche Merkmale der Kleinwagen aus westdeutscher Produktion bis 1959 in Stichworten
ohne Kleinstserien unter 100 Fahrzeugen oder Einzelexemplare („Prototypen“), Fahrzeuge in chronologischer Reihenfolge
Motortyp: Einzylinder (1Z), Zweizlinder (2Z) usw. / Zweitakt (2T), Viertakt (4T)
Karosserie-Material: VB = Verbund (Sperrholz & Kunstleder) / AL = Aluminium / KS = Kunststoff / SB = Stahlblech
Fend Flitzer: Bauzeit 1948-1951, Kabinenroller, 1 Sitz, 38-100 ccm, 1Z-2T, SB, 3 Räder (1 Rad hinten), 3 Karosserievarianten, ca. 280 Fahrzeuge produziert (Prototyp 1947)
Champion 250: Bauzeit 1950/51, Roadster, 250 ccm, 1Z-2T, SB, 4 Räder, 270 Fahrzeuge (Prototypen ab 1946)
Gutbrod Superior: Bauzeit 1950-1954, Coupé 2 Sitze, 600-660 ccm, 2Z-2T, SB, 4 Räder, 7,7 Tsd. Fahrzeuge, ab 1952 mit Einspritzmotor (!) (Prototyp 1949)
Kleinschnittger F125: Bauzeit 1950-1957, Roadster, 125 ccm, 1Z-2T, AL, 4 Räder, 3 Tsd. Fahrzeuge (Prototyp 1949)
Meyra 55: Bauzeit 1950-1953, Coupé, 2 Sitze, 250 ccm, 1Z-2T, SB, 3 Räder (1 Rad vorn), 330 Fahrzeuge (Prototyp 1948)
Fuldamobil, Typen N, N-1, N-2, S-2, S-4, S-6, S-7: Bauzeit ab 1950 (Produktionsende 1969), Coupé, 2 Sitze, 3 Räder (1 Rad hinten), ab S-4 auch mit 2 engstehenden Rädern hinten, 200-350 ccm, 1Z-2T, nachfolgend VB-AL-KS, 2 Tsd. Fahrzeuge bis 1965 (Prototyp 1949)
Lloyd 300: Bauzeit 1950-1952, Limousine (LP), Coupé (LC) und Kombi (LS), 4 Sitze (LP, LS), 4 Räder, 300 ccm, 2Z-2T, VB, 18 Tsd. Fahrzeuge. (Modellfoto siehe oben)
Champion 400: Bauzeit 1951-1954, Coupé, 2 Sitze, 4 Räder, 400 ccm, 2Z-2T, SB, knapp 4 Tsd. Fahrzeuge (1954 auch: Champion 500G Kombi, 450 ccm).
NSU Fiat 500C (Topolino): Bauzeit 1952-1955 (Fiat 500C in Italien ab 1949), Coupé, 2 Sitze, 4 Räder, 570 ccm, 4Z-4T, SB, als NSU Fiat 9,1 Tsd. Fahrzeuge.
Messerschmitt KR175: Bauzeit 1953/54, Kabinenroller, 2 Sitze, 3 Räder (1 Hinterrad), 175 ccm, 1Z-2T, SB (Prototyp 1952). (kein Modell vorhanden)
Meyra 200 (200-2): Bauzeit 1953-1955, Limousine, 4 Sitze, 3 Räder (1 Hinterrad), 200 (350) ccm, 1Z-2T, VB (KS), 530 Fahrzeuge.
Lloyd 400: Bauzeit 1953-1957, Limousine (LP) und Kombi (LS), ab 1954 Vollstahl-Karosserie, 4 Sitze, 4 Räder, 400 ccm, 2Z-2T, VB→SB, 110 Tsd. Fahrzeuge
Maico MC400: Bauzeit 1955/56, Coupé, 2 Sitze, 4 Räder, 400 ccm, 2Z-2T, SB, 1,4 Tsd. Fahrzeuge (Nachfolger des Champion 400)
Messerschmitt KR200: Bauzeit 1955-1959 (weiter bis 1964, ab 1957 als „FMR KR200“), Kabinenroller, 2 Sitze, 3 Räder (1 Hinterrad), 200 ccm, 1Z-2T, SB, bis 1964 25,4 Tsd. Fahrzeuge.
BMW Isetta: Bauzeit 1955-1959 (weiter bis 1962), Isetta 250 bis 1956, Isetta 300 ab 1957, Kabinenroller, 2 Sitze, 4 Räder (hinten engstehend), 250 bzw. 300 ccm, 1Z-4T, SB, 44,6 bzw. 72,4 Tsd. Fahrzeuge. Lizenzbau nach Iso Isetta von 1953.
Goggomobil: Bauzeit 1955-1959 (weiter bis 1965), Limousine, 4 Sitze, 4 Räder (Coupé mit 2 Sitzen ab 1957), 250/300/400 ccm, 2Z-2T, SB, 145 Tsd. Fahrzeuge (einschl. Coupé) bis 1959 (Prototyp 1954).
Lloyd 600/Alexander/Alexander TS: Bauzeit 1955-1959 (weiter bis 1961), Limousine, Cabrio-Limousine, Kombi (LP, LC, LS), 4 Sitze, 4 Räder, 600 ccm, 2Z-4T, SB, 170 Tsd. Fahrzeuge. Foto des Schuco-LP600 siehe oben.
NSU Fiat 600 Jagst: Bauzeit 1956-1959 (weiter bis 1960), Lizenzbau bei NSU, Basis Fiat 600 (ab 1955), Limousine, 4 Sitze, 4 Räder, 630 ccm, 4Z-4T, SB, knapp 50 Tsd. Fahrzeuge bei NSU.
Maico MC500: Bauzeit 1956/57, Limousine oder Kombi, 4 Sitze, 4 Räder, 450 ccm, 2Z-2T, SB, 6,3 Tsd. Fahrzeuge.
Heinkel Kabine: Bauzeit 1956-1958, Kabinenroller Typ 150, 153, 154, 2 Sitze, 3 Räder (1 Hinterrad) bzw. 4 Räder (hinten engstehend beim Typ 154), 175/200 ccm, 1Z-4T, SB, 12 Tsd. Fahrzeuge (Entwicklung ab 1954)
Spatz/Victoria 250: Bauzeit 1956-1958, Roadster, 2 Sitze, 4 Räder, 200/250 ccm, 1Z-2T, KS, 1,6 Tsd. Fahrzeuge. Vorläufer: Brütsch Spatz (1954/55)
BMW 600: Bauzeit 1957-1959, Limousine (Frontlenker, verlängerte Isetta), 4 Sitze, 4 Räder, 600 ccm, 2Z-4T, SB, 34,3 Tsd. Fahrzeuge.
Zündapp Janus: Bauzeit 1957/58, Limousine (Frontlenker, hintere Sitzreihe gedreht), 4 Sitze, 4 Räder, 250 ccm, 1Z-2T, SB, 6,9 Tsd. Fahrzeuge. Prototyp: Dornier Delta (1955)
FMR Tg500 („Tiger“): Bauzeit 1958/59 (weiter bis 1961), Kabinenroller, 2 Sitze, 4 Räder, 500 ccm, 2Z-2T, SB, knapp 1 Tsd. Fahrzeuge.
NSU Prinz (I/II): Bauzeit 1958/59 (weiter bis 1961), Limousine, 4 Sitze, 4 Räder, 580 ccm, 2Z-4T, SB, 46,4 Tsd. Fahrzeuge (Prototyp 1957)
Ein Fazit dieser Liste in Zahlen: 70% der genannten Kleinwagen hatten eine Stahlblech-Karosserie, bei vier Autos wurde die Karosserie aus einem Verbund Holz/Sperrholz und Kunstleder gefertigt, drei Fahrzeuge hatten eine Kunststoffkarosserie und zwei eine aus Aluminium. Fast drei Viertel aller Motoren waren Zweitakter, etwa je zur Hälfte Ein- oder Zweizylinder, bei den Viertaktern gab es sowohl Ein- und Zwei- als auch Vierzylinder-Motoren. Drei Viertel der Fahrzeuge hatten vier Räder, ein Viertel waren Dreiräder. 60% aller oben genannten Kleinwagen hatten zwei, 40% hatten vier Sitze. Der typische Kleinwagen war also ein Auto mit vier Rädern, zwei Sitzen und einer Stahlblech-Karosserie sowie mit einem Zweitaktmotor mit einem oder zwei Zylindern. Allerdings waren gerade Kleinwagen mit vier Sitzen gemessen an den Produktionszahlen besonders erfolgreich (Lloyd, Goggo, Fiat 600, NSU) – der schicke Zweisitzer war zwar beliebt, aber meist siegte die Vernunft und man zwängte sich in die kleinen Viersitzer.
Modelle in 1:43 und 1:87
Will man die Erinnerungen an die westdeutschen Kleinwagen der Zeit bis 1959 in die heimische Vitrine holen, bieten sich zwei Modell-Maßstäbe an: 1:87 und 1:43. Eine Übersicht über das im Jahr 2020 aktuelle und frühere Angebot an Kleinwagen-Modellen dieser beiden Maßstäbe kann hier aufgerufen werden.
2023 erschien eine neue Serie preisgünstiger 1/43-Kleinwagen, vornehmlich aus Frankreich, Deutschand und England, in der Altaya-Serie „Micro-Voitures d´Antan“ .
Modelle in 1:87: Mit dem traditionellen Modellbahn-Maßstab H0 (=1:87) lässt sich eine Kleinwagen-Sammlung aufbauen, die wenig Platz benötigt, und man kann Dioramen gestalten, für die die Modellbahn-Szene eine reichliche Auswahl an Zutaten bereitstellt (Häuser, Straßenpflaster, Figuren usw.). Tatsächlich gibt oder gab es bei über 90% der hier aufgelisteten Kleinwagen ein Modellangebot in 1:87. Allerdings wird nur ein Viertel der Kleinwagen von Großserien-Modellen abgedeckt (Wiking, BoS, Herpa usw.), während fast 70% der Fahrzeuge durch Kleinserienmodelle nachgebildet wurden. Das waren in erster Linie Gießharzmodelle (als Bausätze oder Fertigmodelle) von Reinhard Oestmann oder Uwe Ganther, vornehmlich aus den 1980er Jahren, die heute kaum noch aufzutreiben sind. Aktuelle Kleinserien-Anbieter sind z.B. Saller oder Artapo. Die Geschichte der Gießharz-Winzlinge wird übrigens von Uwe Ganther auf einer Webseite („h0-modellbahnforum“) ausführlich und mit vielen Fotos beschrieben – unbedingt lesenswert! Lücken im 1:87-Angebot (noch nie als Modell produziert): Champion 250, Maico MC500, Gutbrod Superior, Messerschmitt KR175.
Modelle in 1:43: Der international renommierte Maßstab 1:43 stellt einen gelungenen Kompromiss zwischen Platzbedarf und Detailtreue dar. Die Gestaltung von Dioramen der Welt der 1950er Jahre ist allerdings schwieriger und teurer als im Maßstab 1:87, weil der Platzbedarf größer ist und die Preise für Ausstattungsteile höher sind als in der kleineren H0-Welt. Auch die Auswahl an Häusern, Figuren und sonstigen Teilen (Ladegut usw.) ist kleiner als in 1:87.
Im Maßstab 1:43 sind mittlerweile immerhin ca. 85% aller oben genannten Kleinwagen irgendwann einmal als Modell produziert worden. Dabei ist das Angebot an Großserien-Fertigmodellen deutlich besser als im H0-Maßstab: 70% aller Kleinwagen sind oder waren als Diecast- oder Resincast-Modelle lieferbar, darunter von Schuco, BoS, Premium Classics, Vitesse, IXO, Neo, Brumm und Spark. Weitere 15% sind nur als relativ teure Kleinserienmodelle erhältlich (eine gute Adresse ist Budig in Berlin), und schließlich wurden 15% der Kleinwagen noch nie als 1:43-Modell produziert: Champion 250, Lloyd 400 (mit der Verbund-Karosserie), Messerschmitt KR175 und die beiden Meyra-Fahrzeuge.
Herzlichen Dank für diese wundervollen Fotos.
Wie immer sind die Szenen hervorragend in Szene gesetzt. Schönes, authentisches Diorama. Gefällt mir prima!
Schließe mich Herrn Ganther an: ganz toll gemacht!