(1) Vorgeschichte – Die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und die Jahre bis 1954
Zur frühen Geschichte Maseratis von 1926 bis 1954 kann ein Beitrag auf dieser Webseite aufgerufen werden, der sich vor allem mit dem A6GCS der ersten Serie („Monofaro“) der Jahre 1947 bis 1950 befasst. Der Abschnitt (1) übernimmt hier den Text des Beitrags in gekürzter Form.
Die norditalienische Renn- und Sportwagenmanufaktur geht auf die Maserati-Brüder zurück. Fünf der sechs Brüder waren auf unterschiedliche Weise dem Automobil-Bazillus verfallen. 1914 gründete Alfieri zusammen mit drei seiner Brüder die „S.A. Officine Alfieri Maserati“. Bis 1926 beschränkte man sich auf die Produktion innovativer Zündkerzen und die Betreuung und Modifikation luxuriöser oder sportlicher Autos (z.B. Isotta Fraschini, Diatto). 1925 entwickelten die Maseratis einen Grand Prix-Rennwagen für Diatto, 1926 zog man sich dort allerdings vom Rennbetrieb zurück. Die Maseratis übernahmen die Konstruktion und schufen für die Saison 1926 ihren ersten Rennwagen, den Tipo 26, der mit seinem aufgeladenen 1,5 Liter-Achtzylinder-Reihenmotor der neuen Grand Prix-Formel entsprach, aber auch bei Langstreckenprüfungen wie der Targa Florio eingesetzt wurde. Maseratis Renndebut fand tatsächlich bei der Targa Florio im Mai 1926 statt.
In den folgenden Jahren wurden bei Maserati von ca. 25 bis 30 Mitarbeitern in kleiner Stückzahl (ca. 6 bis 10 Pro Saison) Rennwagen unterschiedlicher Art gebaut, z.T. vom Werk eingesetzt, größtenteils aber an private Kunden verkauft. Es waren überwiegend Rennwagen, diese konnten aber mit ein paar Handgriffen (Kotflügel, Scheinwerfer) auch in Sportwagen umgewandelt werden. Der Schwerpunkt lag auf per Kompressor aufgeladenen Reihen-Achtzylindermotoren mit 2 bis 2,5 Litern, am Ende 3 Litern Hubraum. Chefmechaniker war Guerino Bertocchi, er war schon ab 1922 bei Maserati und blieb der Firma bis in die 1950er Jahre treu, war z.B. für den Einsatz des 250F von Fangio in der Formel 1-Saison 1957 verantwortlich.
Finanzielle Engpässe waren stetige Begleiter der kleinen Manufaktur, so dass man 1937 beim Stahl- und Maschinenbauer Orsi (Adolfo und Sohn Omer) Unterschlupf fand. Die Maserati Brüder blieben aber für 10 Jahre, also bis 1947 – so der Kontrakt – für die Rennwagenentwicklung und die Motorsporteinsätze verantwortlich.
1939 zog man von Bologna nach Modena um, dem Sitz der Orsi-Firma, und bereits in den Kriegsjahren begannen die Maserati-Brüder auf Betreiben Orsis mit der Konstruktion eines Straßensportwagens. So entstand der „A6“ (A für den Konstrukteur Alfieri, 6 für die Zylinderzahl), der mit einem relativ simplen, aber modernen 1,5 Liter-Sechszylinder-Reihenmotor und einer formschönen Coupé-Karosserie von Pinin Farina antreten sollte. Der A6 als Straßen-Sportwagen wurde beim Genfer Autosalon im Frühjahr 1947 vorgestellt. Parallel entstand auf seiner Basis eine Rennsportversion „A6 1500 Sport“, dieser Wagen wurde 1947 bei einigen italienischen Rennen eingesetzt.
Im Verlauf des Jahres 1947 stellte Maserati dann der „A6GCS“ mit offener Karosserie (von Fantuzzi), verkürztem Radstand und freistehenden Kotflügeln vor. Er wurde aufgrund des einzigen, mittig angeordneten Frontscheinwerfers als „Monofaro“ bezeichnet. Sein Zweiliter-Sechszylindermotor (OHC) war vom A6 abgeleitet und hatte nun ca. 125 PS. Das „G“ steht für „Ghisa“ (Motorblock aus Gusseisen), das „C“ für „Corsa“ und das „S“ für „Sport“. Sein Renndebut feierte er im September bei einem Sprintrennen in Modena. 1947 war für Maserati auch deshalb von Bedeutung, weil die Maserati-Brüder ihren Vertrag von 1937 nicht verlängerten und aus der Firma ausstiegen. Sie gründeten im selben Jahr die „Officine Specializzata Costuzioni Automobili“ in Bologna. Unter dem Kürzel „OSCA“ brachten die Maseratis in den Jahren bis 1967 Renn- und Sportwagen an den Start – aber das ist eine andere Geschichte. Bei Maserati in Modena übernahm jedenfalls Alberto Massimino die Konstruktionsleitung.
Der Monofaro wurde ab 1947 von Maserati eingesetzt und 1948-1950 auch an Privatteams verkauft. Die beiden größten Erfolge waren die Gesamtsiege bei der Coppa Dolomiti 1948 (Bracco) und in Pescara 1948 (Bracco-Ascari). Spätestens 1950 verschwanden die A6GCS der ersten Serie zunehmend aus den Ergebnislisten.
1952 begann man dann – neben der Entwicklung eines neuen Formel 2-Rennwagens (A6GCM) für die Jahre 1952/53 – mit dem Aufbau des A6GCS der zweiten Serie für die Sportwagensaison 1953. Nun bekam der neue Maserati A6GCS eine moderne und formschöne Barchetta-Karosserie von Fantuzzi. Die Technik des neuen Modells entstand unter Mitwirkung des genialen Konstrukteurs Gioacchino Colombo, der 1952 von Ferrari zu Maserati kam. Der Zweiliter-Sechszylindermotor wurde vom Aggregat des A6GCM-Formel 2-Rennwagens abgeleitet, hatte nun einen Alu-Zylinderblock mit zwei obenliegenden Nockenwellen und 170 PS Leistung. Der A6GCS der Serie II war zusammen mit dem Ferrari 500 Mondial der erfolgreichste Zweiliter-Sportwagen der Jahre bis 1955. Nach seinem Renndebut beim Giro di Sicilia im April 1953 folgten viele Starts in Italien und bei der neu geschaffenen Sportwagen-Weltmeisterschaft, wo der neue Zweiliter-Maserati seine Klasse beherrschte und auch im Gesamtklassement gute Platzierungen erreichte. 1954 erfolgten die Starts des A6GCS durch das Werk und durch Privatteams, in den folgenden Jahren dann zunehmend als Privateinsätze. Einer der großen Erfolge 1954 war der zweite Platz bei der Targa Florio, am Steuer der Maserati-Werkspilot Luigi Musso.
(2) 300S und 450S – erfolgreiche Jahre 1956 und 1957
1953 begannen die Arbeiten an der nächsten Entwicklungsstufe: Am 250F Grand Prix-Rennwagen nach der neuen ab 1954 gültigen 2,5 Liter-Formel und parallel am 300S mit 3 Liter-Sechszylindermotor für die Sportwagen-WM. Bis Ende 1953 war Colombo Chefkonstrukteur bei Maserati, er brachte den 250F auf den Weg. 1954 übernahm Vittorio Bellentani seine Arbeit. Der 250F war auf Anhieb erfolgreich, er begann seine Laufbahn in der Formel 1 mit zwei Siegen von Fangio zum Saisonbeginn 1954 bei den Grands Prix von Argentinien und Belgien. Nach den beiden von Mercedes-Benz bestimmten Jahren 1954 und 1955 war der 250F dann zusammen mit Ferrari 1956 und 1957 der erfolgreichste Grand Prix-Rennwagen und holte mit Fangio den WM-Titel 1957.

Maserati 250F, F1-Saison 1957, GP Deutschland, Sieger Fangio (alter Bausatz von John Day aus der Serie“Mini Auto“)
Die nächsten Jahre bis in die 1960er bestimmte Chefkonstrukteur Giulio Alfieri die Geschicke der Sportwagenschmiede aus Modena. Der 300S Sportwagen begann seine Laufbahn Anfang 1955 mit zwei Fahrzeugen bei den 12 Stunden von Sebring (Plätze 3 und 4). Mit der Motorleistung von anfänglich 250 PS blieb man allerdings um 50 und mehr PS hinter den Protagonisten Ferrari (121 LM), Mercedes-Benz (300 SLR) und Jaguar (D Type), man war etwa auf der Höhe von Aston Martin (DB3S). Über die Saison 1955 blieb Maserati so gegen die Favoriten chancenlos, der 300S war auch noch nicht ganz aussortiert. Trotzdem deutete sich bereits die Stärke des Autos an – sein hervorragendes Handling, speziell auf kurvigen Rennkursen. 1956 und 1957 konnte Stirling Moss, der damals beste Sportwagenpilot, diese Qualitäten dann gegen die Konkurrenz ausspielen.
„Just as the F1 car (250F) has come to epitomize the style of the F1 cars of the Fifties, so the 300S is the essence of sports-racing cars of the period. Its lines were beautifully balanced… Its looks did not flatter the car for it was one of the sweetest-handling of its time.“ Mike Lawrence, Directory of Classic Sportsracing Cars, S. 150 (siehe „Quellen“ am Ende des Textes).
1955 entstand parallel zum 300S noch der neue 2-Liter Sportwagen „200S“, Nachfolger des A6GCS von 1953. 1956 war der 300S dann ein ausgereiftes und bei allen Piloten hoch geschätztes Rennauto, mit dem man mit den 350 PS starken Ferrari (290MM und 860 Monza) mithalten konnte. Der 300S holte – nicht zuletzt dank Stirling Moss – in fünf WM-Läufen zwei Siege (Buenos Aires, Nürburgring), Maserati verpasste aber gegen Ferrari mit drei Siegen knapp den WM-Titel.
Um das Leistungsdefizit gegenüber der Konkurrenz (Ferrari, Jaguar) zu überwinden, versuchte man es zunächst mit einem 3,5 Liter-Sechszylinder (270-300 PS), aber erst der radikale Schritt zum 4,5 Liter-V8 Motor des neuen 450S brachte Maserati an die Spitze der Leistungsskala, mit seinen 400 PS war das Auto der stärkste Frontmotor-Sportwagen der Epoche der 1950er und 1960er Jahre. Ferrari blieb mit seiner Antwort, dem 335S, um mindestens 10 PS unter dieser Marke. Der V8 wurde 1956 unter Alfieris Leitung entwickelt und trat erstmals beim Training zum WM-Lauf in Schweden auf. 1957 startete Maserati mit dem 450S in der Sportwagen-WM, unterstützt vom überarbeiteten 300S des Vorjahres. Am Ende gewann der 450S zwei der sieben WM-Rennen, und zwar immer dann, wenn das Auto das Ziel sah. Ansonsten gab es viele Ausfälle durch technische Defekte oder durch Unfälle. Im Gegensatz zum 300S war der 450S nur in Händen von Weltklassepiloten halbwegs beherrschbar.
Den negativen Höhepunkt erlebte das Maserati-Werksteam in Venezuela beim letzten WM-Lauf in Caracas, als beide Hersteller, Ferrari und Maserati, noch die Chance auf den WM-Titel hatten und mit kompletten Teams antraten. Das Rennen war eine absolute Katastrophe für das Team und seine immens teuren Rennwagen, die alle bei Unfällen zerstört wurden – zwei 450S und ein 300S. Also wieder nur Platz 2 hinter Ferrari in der WM-Wertung, obwohl man mit Moss, Fangio und Behra ein Weltklasse-Team hatte.
Das Desaster von Caracas fiel mit schwierigen kommerziellen Zeiten für das Unternehmen aus Modena zusammen. Die finanziellen Probleme betrafen einerseits den Orsi-Konzern und andererseits Maserati selbst: Den teuren Renneinsätzen in der Formel 1 und parallel in der Sportwagen-WM standen keine nennenswerten Einnahmen durch Sponsoren oder durch Einnahmen z.B. aus dem Verkauf von Straßensportwagen entgegen. Maseratis Finanzdecke war über alle Jahre traditionell knapper als bei Ferrari, was auch auf Kosten der stetigen Modellpflege ging. Alfieri lieferte nun eine radikale Lösung des Problems: Der Werksrennstall wurde Ende 1957 komplett geschlossen und Neuentwicklungen in der Formel 1 oder bei den Sportwagen auf Eis gelegt. Der 450S war aufgrund der von der FIA (CSI) beschlossenen Hubraumbeschränkung bei den Sportwagen auf 3 Liter ohnehin ab 1958 nur noch in den USA startberechtigt. Zusätzlich stellte man 1957 Maseratis ersten straßentauglichen Gran Turismo vor: Der 3500 GT war 1958 bis 1960 sehr erfolgreich und erreichte Stückzahlen (ca. 2000), von denen Ferrari damals nur träumen konnte, erst der 250 GT 2+2 von 1960 erreichte bei Ferrari vergleichbare Produktionszahlen. Das spülte natürlich auch Geld in die Firmenkasse. So konsolidierte sich die Situation in den 1957 folgenden Jahren spürbar.
Modelle in 1/43, Maserati 300S und 450S: DC,RC Diecast- oder Resincast-Modelle / BS,KS Bausätze und Kleinserie
300S (1955): DC,RC Top Model, Jolly Model, IXO (Altaya), Leo Models / BS,KS Faenza43, ABC Brianza
300S (1956): DC,RC Jolly Model / BS,KS Minerva43, John Day
300S (1957/58): DC,RC Jolly Model, Top Model / BS,KS Automany, Original Miniatures
450S (1957, offen): DC,RC Spark, Tecnomodel, Bang, Gamma, Top Model, Leo Models / BS,KS AMR, Southern Cross, Automany, Original Miniatures, Western Models, MA Scale, John Day
450S (1957, Coupé): RC,DC Pinko, IXO (Altaya) / BS,KS: SHMR, Southern Cross, Nestor, SMTS, John Day, Manou
Anmerkung zum 450S 1957 von Spark: Das 2025 von Spark aufgelegte Modell des offenen 450S (Versionen Le Mans und Sebring) wurde auf der Webseite „Auto-und -Modell“ von Rudi Seidel vorgestellt. Bis auf das zu kleine Lenkrad (…in der Tat!) wurde das Modell durchweg positiv bewertet. An dieser Stelle sind allerdings doch zwei kritische Anmerkungen nötig: (1) Das Spark-Modell ist deutlich zu breit. Gemessen am Original-Fahrzeug, das ohne die außen liegenden Auspuffenden 1,55m breit war, sollte das 1/43-Modell ca. 3,60cm breit sein. Tatsächlich ist das Spark-Modell 4,00cm breit, vier Millimeter zu viel! Das ist eine Abweichung von über 10%. Und das ist z.B. beim Vergleich mit dem älteren John Day-Modell nicht zu übersehen (siehe Foto). (2) Außerdem hat das Spark-Modell einen zu geringen Bodenabstand. Zumindest die Vorderräder dürften nicht – wie bei Spark – vom Radausschnitt bedeckt sein, und auch die Hinterräder sitzen zu tief in der Karosserie. Jedenfalls ist das Fehlmaß bei der Breite auch von einem geschickten Modellbauer leider nicht zu korrigieren – schade!
(3) Die Birdcage-Reihe, 1959-1962, vom Front- zum Mittelmotor
1958 erfolgte also keine Werkseinsätze von Maserati. Die Sportwagen, die Caracas überlebt hatten, wurden privat eingesetzt, bei Rennen in den USA, aber auch als Privateinsätze in Europa bzw. im Fall des 300S in der Sportwagen-WM.
Maserati T60/61
„In retrospect many observers and drivers…believe the Tipo 60 and 61 to have been the ultimate development of the front engined sports racing car citing its outstanding handling qualities, light steering and superb brakes when compared to its competitors.“ (Joel E. Finn, Maserati – The Postwar Sportsracing Cars, S. 125, siehe Quellenverzeichnis am Ende dieses Textes).
Zum Maserati T61 „Birdcage“ hat Rudi Seidel auf der Webseite „auto-und-modell“ einen kurzen Bericht verfasst und das 2025 neu von Spark aufgelegte 1/43-Modell des T61 von Le Mans 1960 beschrieben. Der folgende Text übernimmt Teile dieses Berichts.
1958 war bei Maserati Licht am Ende des Tunnels sichtbar, und Chefingenieur Giulio Alfieri konnte es vertreten über einen neuen Rennsportwagen nachzudenken, ohne die finanziellen Restriktionen aus den Augen zu verlieren. Einige Entscheidungen, z.B. für einen traditionellen Frontmotor und einen Vierzylindermotor als Antriebsquelle ebenso wie der Verzicht auf ein Werksteam, waren diesen Einschränkungen geschuldet. Andererseits betrat Alfieri beim Chassis Neuland und rüstete das neue Modell erstmals bei Maserati mit Scheibenbremsen aus. Der namensgebende Rohrrahmen („Birdcage“) bestand aus vielen sehr dünnen Elementen, er bestimmte die DNA des neuen Modells. Man begann mit einem Zweiliter-Motor (Tipo 60), aber speziell Kunden in den USA wünschten einen Dreiliter, das entsprach im Übrigen auch dem neuen Limit bei den Sportwagen in der FIA-Weltmeisterschaft. Für den Tipo 61 wurde der Motor daraufhin auf 2,9 Liter vergrößert und fand in den USA viele Käufer. Mit 250 PS war man z.B. gegenüber dem Ferrari 250 TR um 50 PS im Nachteil, andererseits war der Maserati deutlich leichter als die Konkurrenz und übernahm außerdem das herausragende Handling des 300S.
Einer der US-Kunden war der Amerikaner Lloyd Casner. Er gründete mit finanzieller Hilfe von Goodyear ein Rennteam namens „Camoradi“ („Casner Motor Racing Division“), kaufte bei Maserati drei T61 und stellte ein professionelles Team an Piloten zusammen. Neben den Einsätzen in der US-Szene startete man auch bei den Klassikern der europäischen WM-Saison. Camoradi war 1960 das wichtigste Einsatzteam aus der Sicht von Maserati.
Die Renneinsätze des T61, insbesondere im Rahmen der Sportwagen-Weltmeisterschaften 1960 und 1961, wurden in Tabellen zusammengestellt, die hier aufgerufen werden können. Sie enthalten auch die WM-Einsätze des T63 (1961) und des T64 (1962) sowie kurze Anmerkungen zu den Einsätzen in den USA und zum Zweiliter-T60 (1959/60), mit dem die Karriere des „Birdcage“ ihren Anfang nahm (Quelle: Webseite „racingsportscars“): Die Neukonstruktion aus Modena erschien erstmals beim Training des 1000 km-Rennens am Nürburgring im Juni 1959, Stirling Moss fuhr dort den brandneuen T60 (Nr. 2451, Startnr. T100) mit dem Zweiliter-Motor. Im Juli gewann dieses Auto bei einem Rennen für Sportwagen bis 2 Liter in Rouen, wieder mit Moss am Steuer (rot lackiert, Startnr. 2). 1959 folgten weitere Auftritte des T60 in Europa, und in den USA tauchten im Herbst die ersten T61 mit dem größeren 2,9 Liter-Motor bei den Rennen des SCCA (Sports Car Club of America) auf. Das leichte und agile Auto war maßgeschneidert für die kurzen, kurvigen amerikanischen Rennkurse. Bemerkenswert waren die ersten Einsätze des T61 durch das Camoradi-Team im Dezember auf den Bahamas (Nassau Speed Week), mit Carrol Shelby am Steuer.
Die WM-Saison 1960 begann im Januar (Buenos Aires) und endete nach fünf Rennen im Juni in Le Mans. Unter den elf Einsätzen des T61 erfolgten neun durch das Camoradi-Team. Mit sieben Ausfällen war die Jahresbilanz allerdings ernüchternd, wobei man bei einer Neukonstruktion und einem noch unerfahrenen Privatteam sicher keine Wunderdinge erwarten konnte. Immerhin: In allen WM-Rennen erwies sich der Camoradi-T61 als das schnellste Auto im Feld, trotz der Leistungslücke gegenüber Ferrari. Das Auto war zwar defektanfällig, aber schnell, leicht, mit vorzüglichem Handling und mit Weltklassepiloten besetzt (Moss, Gurney, Gregory, Maglioli), die allesamt voll des Lobes über den Maserati waren. Und mit dem Sieg am Nürburgring mit Moss und Gurney vor versammelter Konkurrenz bewies der T61 seine Klasse bei der wohl härtesten Endurance-Prüfung der Saison.
Zum Saisonhöhepunkt Le Mans meldete Casner alle seine drei T61. Um das neue FIA-Reglement der hohen Windschutzscheibe (Mindesthöhe 25cm) auszutricksen, verwendete Konstrukteur Alfieri eine ca. 150cm lange „Scheibe“, die bereits auf Höhe der Vorderachse begann und in einem sehr flachen Winkel verlief (Das wurde von den ACO-Kommissaren akzeptiert, da in der neuen Regel nichts über den Neigungswinkel der Frontscheibe vermerkt war). Dazu kam ein verlängertes Heck – damit war der „Streamliner“ geboren. Dieser spezielle T61 hatte einen geringeren Spritverbrauch und erlaubte in Le Mans eine Spitze von über 270 km/h auf der Mulsanne-Geraden, 20 km/h mehr als der Konkurrent Ferrari. Die Nr. 24 (2451) mit Gregory und Daigh ging in vollem „Aero“-Outfit an den Start, die beiden anderen Camoradi-T61 (Nr. 25 und 26) hatten nur das verlängerte Heck, aber nicht die Trick-Scheibe. Der Streamliner lag anfangs deutlich in Führung. Leider führte ein simpler Defekt am Anlasser zum Ausfall des Autos, auch die beiden anderen T61 kamen nicht über die 24 Stunden. Der Streamliner 2451 wurde nach Le Mans noch mehrfach von verschiedenen Privatteams bei den Rennen des SCCA in Amerika (Serie „USAC“) eingesetzt. In Road America (200 Meilen) gelang Jim Jeffords damit im Juli 1960 sogar der Gesamtsieg (Startnr. 55).
1961 waren die Voraussetzungen dafür, dass aus dem schnellen, aber fragilen T61 ein gut aussortierter und belastbarer Rennsportwagen wird, denkbar ungünstig: Beim Camoradi-Team brach die finanzielle Basis für die notwendigen Entwicklungsarbeiten weg, und bei Maserati vollzog man bereits den nächsten Schritt vom Frontmotor-T61 zum T63 mit Mittelmotor, um mit Ferrari Schritt zu halten – auch dort wechselte man 1961 zum Mittelmotor-Konzept. So blieb der T61 auf dem Entwicklungsstand von 1960 stehen, und seine Einsätze standen im Schatten des neuen T63. Trotzdem gelang dem T61 (Nr. 2472) von Casner der größte Erfolg eines Maserati im Jahr 1961, als man erneut den Klassiker am Nürburgring gewann. Gregory und Casner profitierten dabei von vielen Ausfällen der Konkurrenz, aber gewonnen ist gewonnen… Und bei den Rennen in den USA war der T61 auch 1961 noch eine feste Größe bei den Privatteams.
In Le Mans 1961 wurde kein T61 gemeldet, man setzte voll auf den neuen T63 mit V12-Motor. Allerdings brachte Briggs Cunningham einen Zweiliter-T60 an den Start (Startnr. 24, Fzg.-Nr. 2468), der abweichend von der normalen Form mit einem „Kamm-Heck“ antrat. Er kam mit Cunningham und Kimberly immerhin auf Platz 8 (bzw. Platz 3 in der 2-Liter Klasse).
Ein Nachtrag noch zum T61: 1962 erschien Casner zum dritten Mal in Folge am Nürburgring, dieses Mal mit einer speziell bei Drogo entwickelten Karosserie (Startnr. 99, Fzg.-Nr. 2472) und Masten Gregory als Kopilot. Dabei kam aber nur ein Platz im Mittelfeld heraus.
Modelle in 1/43:
(1) T61 „normale“ Version, z.B. Nürburgring 1960: Diecast-/Resincast-Modelle (DC,RC) von Minichamps, Matrix und ProgettoK; (BS,KS) Bausätze/Kleinserie u.a. von AMR, MA Scale
(2) T61 Streamliner (Le Mans 1960): DC von Spark (neu 2025); BS,KS von AMR, SHMR, Midlantic, Southern Cross, MA Scale.
(3) T61 Langheck (Le Mans 1960): DC,RC von ProgettoK, Exem; BS von Midlantic.
(4) T60 Cunningham Le Mans 1961: BS,KS von AMR, SHMR, Meri, MA Scale, Manou.
Bei der „Normalversion“ ist das Minichamps-Modell zu empfehlen, beim Streamliner das Spark-Modell, das von Rudi Seidel auf der Webseite „auto-und-modell“ beschrieben wird; den besten Bausatz zu dem Auto liefert Southern Cross.
Maserati T63
Vom T61 zum T63, vom Front- zum Mittelmotor: Das Jahr 1961 steht für die Zeitenwende in der Sportwagen-Szene, denn in dieser Zeit vollzogen mehrere Rennsportwagen-Teams und -Hersteller den Schritt vom Front- zum Mittelmotorkonzept. Ferrari setzte bei den Sportwagen neben dem bewährten Frontmotor-Modell 250 Testa Rossa nun den 246 SP mit Mittelmotor ein, und Modena, Heimatort von Maserati, folgte Maranello mit dem T63 auf dem Weg in die neue Zeit, obwohl Chefkonstrukteur Giulio Alfieri nur ein äußerst knappes Budget zur Verfügung stand. (Ein Bericht zum Maserati T63 und zum 1/43-Modell der kurzen „Sebring“-Version von Gamma/Pinko kann hier aufgerufen werden.)
Vielleicht wäre es unter diesen Beschränkungen eine bessere Idee gewesen, den Frontmotor-T61 „Birdcage“ für die Saison 1961 weiter zu optimieren. Immerhin war er 1960 der schnellste aller Rennsportwagen, allerdings auch häufig von Defekten geplagt. Aber das Mittelmotorkonzept war nun einmal angesagt. Jedenfalls verblieb der T61 auf dem Stand von 1960, und der neue T63 gelangte erst in der zweiten Saisonhälfte 1961 allmählich zur Rennreife. Und 1962 wurde er schon wieder von einem Nachfolger, dem T64, ersetzt. Mit dieser etwas hektischen Modellpolitik gelang es Maserati schließlich nicht, den bewährten und stetig weiter entwickelten Sportwagen von Ferrari und Porsche nachhaltig die Stirn zu bieten.
1960 begann Alfieri mit der Entwicklung des T63. Das berühmte Konzept des Gitterrohrrahmens wurde ebenso wie viele andere Details vom T61 übernommen, zunächst auch der Vierzylindermotor, der allerdings mit seinen 260 PS ein Leistungsdefizit gegenüber dem Hauptkonkurrenten Ferrari mit seinem Dreiliter-V12 aufwies. Probefahrten fanden ab Mitte Dezember 1960 statt, und für die Sportwagen-Saison 1961 wurden zunächst fünf Autos gebaut und an drei renommierte Privatteams verkauft – ein Werkseinsatz war bei Maserati wie gesagt nicht mehr vorgesehen.
Zwei Fahrzeuge gingen an Briggs Cunningham (USA), eins an Lloyd Casner vom Team Camoradi und zwei weitere an die Scuderia Serenissima von Graf Volpi (Italien). Den traditionellen Rennfarben gemäß waren die US-Maserati weiß mit blauen Streifen (Cunningham doppelt, Camoradi einfach) und die italienischen T63 rot lackiert. Später im Jahr wurde noch ein weiterer T63 mit längerem Radstand gebaut, er ging ebenfalls an das Cunningham-Team und wurde in den USA eingesetzt.
Man begann die Saison 1961 zunächst mit den Vierzylindermotoren aus dem T61, aber beim Vortraining in Le Mans kam in einem der T63 erstmals der V12 zum Einsatz, und in Le Mans im Juni 1961 fuhren alle drei T63 mit dem Dreiliter-V12-Motor mit ca. 320 PS. Die T63 erreichten allerdings auch mit dem stärkeren V12-Motor nie eine mit Ferrari oder Porsche vergleichbare Rennreife. Vor allem das Handling war ein stetes Ärgernis, gerade auch im Vergleich mit dem T61. Nach dem Debut im März bei den 12 Stunden von Sebring, mit je einem Vierzylinder-T63 von Cunningham und Camoradi, kamen vier T63 zum Le Mans-Test im April. Es folgten Einsätze bei der Targa Florio, am Nürburgring, in Le Mans und in Pescara. Die WM-Einsätze des T63 in der Saison 1961 sind in einer Übersicht zusammengestellt worden, die hier aufgerufen werden kann.
Bei der Targa Florio und in Le Mans konnte der T63 mit zwei vierten Plätzen WM-Punkte sammeln. Der vierte Platz in Le Mans war sicher das wertvollste Resultat der Saison. Am Ende holte sich Maserati zwar Platz 2 in der WM-Wertung mit Respektsabstand zu Ferrari, diese Platzierung war aber nur durch den überraschenden Sieg des alten T61 am Nürburgring möglich. Immerhin: Im Herbst 1961, nach der WM-Saison, fuhren die T63 des Cunningham Teams einige Rennen in den USA und holten dort zwei Gesamtsiege.
Modelle in 1/43:
Siehe auch Bericht zum T63 auf dieser Webseite: Die meisten Modell-Anbieter konzentrieren sich beim T63 auf die Le Mans-Autos, darunter die Klassiker AMR und BBR sowie MA Scale (Bausätze) und Leo Models (Diecast). MA Scale hat auch noch Bausätze des T63 bei der Targa Florio, am Nürburgring, in Pescara, in Sebring sowie in Road America im Programm, Gamma/Pinko das Auto beim Debut in Sebring. Und aus dem Modellmuseum kommen Metall- und Resine-Bausätze der Le Mans-Autos von Manou Le Mans. Modellbauer und -sammler müssen dabei immer beachten, dass die Autos über die Saison unterschiedliche Formen und Karosseriemerkmale hatten. Kurze und lange Front, mit und ohne Überrollbügel oder mit Aero-Bügel und Finne, mit festem oder ohne Scheibenrahmen usw., da ist sorgfältiges Fotostudium erforderlich.
Maserati T64
1962 wurde die Sportwagen-WM durch eine Weltmeisterschaft für GT-Fahrzeuge ersetzt, allerdings waren bei wichtigen Rennen (z.B. Sebring, Targa Florio, Nürburgring) weiterhin die „alten“ Sportwagen zugelassen. Bei Maserati wurden für die Saison zwei der T63 mit V12-Motor modifiziert und in „T64“ umgetauft. Ein Auto (64001) ging an die Scuderia SSS (Republica di Venezia), ein zweites an das Cunningham Team (64002), mit unterschiedlichen Karosserien: Das Cunningham-Auto (weiß lackiert) war kurz und knapp, ähnlich wie z.B. der Cooper Monaco. Das „SSS“-Auto (in rot) war dagegen barock-ausladend, mit einer bizarren Frontansicht. Wie auch immer – erfolgreich waren beide nicht, und Ing. Alfieri war wohl auch nicht mehr an der notwendigen Entwicklungsarbeit interessiert, da er bereits am Nachfolger, der Frontmotor-Berlinetta T151, arbeitete, die 1962 in Le Mans starten sollte – aber das ist eine andere Geschichte.
So blieb es bei zwei Einsätzen: In Sebring fuhren beide T64 (Cunningham mit Hansgen – Thompson und SSS mit Vaccarella – Abate) und bei der Targa Florio nur das SSS-Auto (Abate – Davis), jeweils ohne Zielankunft. Eine Meldung des SSS-Autos für Le Mans lag vor, der T64 erschien aber nicht zum Rennen. Einige Einsätze des Cunningham-T64 in den USA (1962/63) blieben ebenso ohne Erfolg.
Die Maserati-Geschichte der „Birdcage“-Sportwagen (1959-1962) fand damit – abgesehen von der kurzen Episode des T65 in Le Mans 1965 – ein stilles Ende. Der größte Rennerfolg dieser Jahre blieb der Sieg des Camoradi-T61 am Nürburgring 1960.
Modelle in 1/43
Version „SSS“ (in rot): Diecast-Modell von „Leo Models“ (im Rahmen der Maserati Collection); Kleinserie und Bausätze: SHMR, Artigianale, ALM, MA Scale, John Day. Vom Cunningham-T64 ist mir kein 1/43-Modell bekannt.
Produktionszahlen der wichtigsten Maserati-Sportwagen: A6GCS (1948-1950) 15 Fahrzeuge / A6GCS (ab 1953) 53 / 300S 28 / 450S 10 / T60&61 22 / T63&64 7.
Quellen
Joel E. Finn, Maserati: The Postwar Sportsracing Cars, John W. Barnes Jr., Scarsdale o. J. / Mike Lawrence, Directory of Classic Sportsracing Cars, Aston Publications, 1988 / Christian Moity, Endurance – 50 Ans d´Historie 1953-1963, ETAI, o.J. / Anthony Pritchard, Maserati – Die Renngeschichte, Delius Klasing, Bielefeld 2008 / Anthony Pritchard, Directory of Classic Prototypes and Grand Touring Cars, Aston Publications, 1987 / Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Haynes Publ., 2008 / Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1950-1959, Haynes Publishing, 2010 / Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Volume Two, Behemoth Publ., 2016 / Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1960-69, Haynes Publ., Sparkford 2010 / Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1949-59, Haynes Publ., Sparkford 2011
Webseiten: „lm24database“ (1/43-Modelle in Le Mans) / „ultimatecarpage“
Artikel im Journal „Powerslide“, 06/2013: Erich Kahnt, „Ab durch die Mitte – Erster Mittelmotor mit Dreizack: Maserati Tipo 63 „Birdcage“