Le Mans 1986: Mixed Emotions – Fünfter Besuch des Rennens

Bericht von 2011

Zwei Jahre nach unserer Le Mans-Fahrt 1984 fuhren HP und HH Ende Mai 1986 erneut in den Nordwesten Frankreichs in Erwartung eines spannenden Rennens mit vielen hochkarätigen Gruppe C-Teilnehmern.

Der mittlerweile berühmte Porsche 956 von Joest Racing war wieder dabei, er hatte die letzten beiden Rennen in Le Mans gewonnen und trat mit demselben Fahrerteam wie im Vorjahr an (Ludwig – Barilla –„Winter“), allein der Sponsorname „NewMan“ wurde durch sein japanisches Pendant „Taka-Q“ ausgetauscht.

An erster Stelle stand allerdings das erste Le Mans-Duell der beiden Werksteams von Porsche (drei 962 C) und Jaguar (drei XJR 6 von Tom Walkinshaw Racing), insbesondere, nachdem einer der Jaguar die sieggewohnten 962 C beim Probegalopp in Silverstone drei Wochen zuvor besiegen konnte. Garniert wurde diese Konfrontation durch zwei Sauber-Mercedes im attraktiven dunkelblauen „Kouros“-Design, eine ganze Reihe japanischer Gruppe C- und IMSA-Fahrzeuge von Nissan, Toyota und Mazda und einen Cougar mit Porsche-Motor, und natürlich weitere, privat eingesetzte Porsche 956 und 962 C – ein tolles Feld also.

Die Schlagzeilen der Motorpresse nach dem Rennen lauteten aber anders als erwartet: „Stuck: Le Mans ist nicht mehr zu verantworten“ (Motorsport Aktuell) oder „Das Ende einer Legende“ (Rallye Racing) – was war geschehen?

Das Rennen war 11 Stunden alt, als Le Mans morgens kurz nach 3 Uhr sein hässliches Gesicht zeigte, und wie schon 1984 wieder auf der umstrittenen, 7 km langen Hunaudiéres-Geraden. Ich zitiere Peter Wyss, Motorsport Aktuell, vom 4. Juni 1986:

Als in Le Mans die Geisterstunde eingeläutet wurde, tobte an der Spitze ein Kampf, wie man ihn in den letzten Jahren schon lange nicht mehr erlebt hatte. In Sekundenabstand jagten sich der Werks-Porsche von Hans-Joachim Stuck/Derek Bell/Al Holbert und das schon zweimal siegreiche Joest-Auto mit Klaus Ludwig/Paolo Barilla/“John Winter“ um den 13,5 km langen französischen Kurs….Man freute sich auf einen stundenlangen Kampf, auf eine spannende sportliche Entscheidung. Aber stattdessen verdarb einer jener Unfälle, die nur in Le Mans passieren können, jede Stimmung. Die unzeitgemäß schnelle Gerade namens Hunaudiéres forderte wieder ein Opfer. Und das heißt Jo Gartner. Es war 3.12 Uhr in der kalten Nacht von Le Mans, als der schwarz-rote Yokohama-Kenwood-Porsche zuletzt an der Kremer-Box vorbeikam. Eine Minute später war dessen Chauffeur tot.“

Kremer Porsche 962 C, Jo Gartner – van der Merwe – Takahashi

Zwei Bemerkungen dazu: (1) Jo Gartner, Österreicher, 32 Jahre alt, war nach einem glücklosen Versuch in der Formel 1 Fuß zu fassen gerade auf dem Weg sich in der Gruppe C zu etablieren. Er gewann am Jahresanfang 1986 zusammen mit Hans-Joachim Stuck mit einem IMSA-Porsche 962 die 12 Stunden von Sebring und hatte vielleicht sogar gute Chancen auf einen Werksvertrag bei Porsche 1987. (2) Die Unfallursache – Aufhängungsbruch, Reifenschaden oder Wildwechsel? – blieb ungeklärt. Die fatalen Folgen waren nach meiner Einschätzung begünstigt durch unzureichende Streckensicherung (Kommentare nach dem Rennen sprachen von schlecht montierten und zu niedrigen Leitplanken), durch den damals noch üblichen, gegenüber heute aber deutlich geringeren Sicherheitsstandard der Fahrzeuge und durch eine gemessen an der Leistung der Fahrzeuge nicht mehr vertretbare Streckenführung – die Gerade hatte noch nicht die ab 1990 installierten Bremsschikanen, und die Porsche erreichten dort 1986 über 370 km/h.

xxxxAber der Reihe nach: Am Mittwoch vor dem Rennen starteten wir noch voller Erwartung von Schleswig-Holstein und Hamburg mit meinem VW Joker Diesel in Richtung Le Mans, mit Zwischenstopp in der Eifel. Le Mans war dieses Mal auf den 31. Mai und 1. Juni vorverlegt worden, und Ende Mai war es – insbesondere nachts – noch empfindlich kühl, mit einstelligen Celsiusgraden, vielen Schauern, teilweise mit Graupeln vermischt. Das Rennen blieb dann immerhin vom Regen verschont.

Unser Zeitplan von Freitag bis Sonntag war ähnlich wie 1984 – Freitag Besichtigung der letzten Vorbereitungen der Teams im Fahrerlager, das damals allen Zuschauern bzw. denen mit einem „Balcon“-Ticket, frei zugänglich war. Samstag morgens bis zu den ersten 2 bis 3 Rennstunden als Zuschauer auf dem Boxen-Balkon, danach Fußmarsch zu einzelnen Punkten an der Rennstrecke (Ford-Schikane, Dunlop-Bogen, Esses, Tertre Rouge) und wieder zurück zu Start und Ziel.

Bis zum großen Knall um 3 Uhr Nachts freuten wir uns über ein spannendes, enges Rennen zwischen den Werks-Porsche Nr. 1 und 2 (die Nr.3 mit der von Porsche neu entwickelten Halbautomatik „PDK“ schied bereits nach wenigen Stunden aus), der „Lucky Number 7“ (Joest 956-117) und dem schnellsten der drei Jaguar (Nr.51 mit Warwick, Cheever und Schlesser). Vor allem in den Abend- und Nachtstunden ließ uns das enge Duell zwischen der Joest-Nr. 7 und dem Rothmans-Porsche Nr.1 die empfindlich kühle Nacht vergessen.

Jaguar XJR 6

Sauber Mercedes C 8

Porsche 962 C (Richard Lloyd Team)

WM Peugeot P 85

Werks-Porsche 962 C mit PDK Kupplung

Und dann plötzlich die Stille, gefolgt von der Monotonie der Safetycar-Prozession und der bangen Frage nach der Ursache. Wie schon 1984 und in den Jahren zuvor blieben die Zuschauer – sofern sie nicht Französisch verstehen – ohne Information, Radio Le Mans kam erst ein Jahr später zum Einsatz. Wir vermissten allerdings den Kremer 962 C Nr. 11. Schließlich fragte HP im Fahrerlager bei Kremer nach und kam sichtlich schockiert wieder zurück – als Kölner Junge kannte er die Kremers noch aus seiner Jugendzeit und war untröstlich. Wir sahen keinen Sinn mehr, länger an der Strecke auszuharren und gingen ernüchtert zurück zu unserem Camper. Dass der Joest-Porsche durch die über 2 Stunden anhaltende Safetycar-Phase aus dem Rennen fiel (der Motor nahm die Bummelei übel), erfuhren wir erst am nächsten Morgen, als auch die Jaguar bereits ausgefallen waren. Aus dem Rennen war nun die Luft raus, Stuck, Bell und Holbert erledigten pflichtgemäß und vermutlich recht freudlos den Rest und gewannen überlegen.

Porsche 962 C (Joest Racing)

Wir freuten uns am Ende vor allem über Jens Winther aus Roskilde bei Kopenhagen und seinen tollen 2. Platz in der kleinen C2-Klasse mit dem alten URD BMW – ein echter Amateur und als Däne so etwas wie unser „Lokalmatador“, und über den schönen 6. Platz des bunten Porsche 936 C von Ernst Schuster, der – fast schon ein Oldtimer – nach vier Jahren wieder in Le Mans an den Start ging. Die Rücktour, dieses Mal mit „gemischten Gefühlen“, führte uns wie 1984 am Sonntagabend noch bis Rambouillet auf den schon bekannten Campingplatz und dann am Montag zurück nach Norddeutschland.

Die Modelle

Wie in den 1980er Jahren üblich, wurden die wichtigsten Fahrzeuge des Rennens 1986 von den Marktführern im 1:43-Modellbau zügig präsentiert: Starter und Provence Moulage teilten sich im Wesentlichen den Markt auf, in Einzelfällen kam Mini Racing dazu, und Vitesse bediente die Kunden, die sich für relativ kleines Geld ordentliche, aber nicht perfekte Diecast-Modelle der diversen Porsche 956 des Rennens 1986 in die Vitrine stellen wollten. Den 962 C, der sich bekanntlich in kleineren Details (Radstand, Scheinwerfereinheit) vom 956 unterscheidet, gab es als Diecast damals eigentlich nicht, d.h. die von Vitesse oder später von Quartzo als 962 C angebotenen Modelle waren als 962 verkleidete 956. Es gab allerdings einen sehr preisgünstigen Plastik-Bausatz des 962 C in 1:43 von Heller. Heute (2011) ist das Modellangebot durch Resincast- oder Diecast-Modelle recht gut, und die besonderen Details des 962 C werden natürlich von Spark oder Minichamps auch beachtet.

Le Mans 1986 Modellübersicht (Stand 2011)

Porsche 962 C – Sieger – (Quartzo)

Jaguar XJR 6 (Team T bzw. DAM)

Porsche 962 C (Brun Team, 2. Platz) – Quartzo

Sauber Mercedes C 8 (Starter)

Nissan R 86V (Provence Moulage)

Nissan R 85V (Provence Moulage)

Mazda 757 (Spark)

Gebhardt JC 843 (C2-Sieger, Provence Moulage)

Spice SE 86C (Provence Moulage)

Porsche 961 – Modell von Spark

Ein besonderer Teilnehmer des Rennens 1986 war der Porsche 961: Zum ersten Mal trat damit ein Fahrzeug mit Vierradantrieb in Le Mans an. Der 961 war die Rennversion des 1986 vorgestellten 959. Auch wenn der mit den Fahrern Metge und Ballot-Lena in der GTX-Klasse gemeldete Werks-961 konstruktionsbedingt keine Chance gegen die Gruppe C-Boliden hatte, war seine Rennpremiere doch überaus eindrucksvoll. Nach nahezu fehlerfreier Fahrt landete der weiße „Prototyp“ (hier ist dieses Wort wirklich einmal berechtigt) nach über 4.300 gefahrenen Kilometern auf einem tollen 7. Platz inmitten der Gruppe C-Spezialisten. Im folgenden Jahr 1987 startete der 961 erneut in Le Mans, dieses Mal optisch attraktiver als 1986 in den blau-weißen Rothmans-Farben, aber im Ergebnis weniger erfolgreich, denn morgens um 9 Uhr strandete Nierop nach einem Schaltfehler mit Motorschaden und Dreher als Folge und schließlich einem brennenden Fahrzeug.

Beide 961 (1986 und 1987) werden von Spark produziert. Der 1986er (Startnummer 180) ist – wie bei Spark schon gewohnt – sehr gelungen. Auch Details wie die kleine Öffnung im Seitenfenster oder die kleinen roten E-Schalter vor der Windschutzscheibe fehlen nicht. Es fehlen allerdings die Scheibenhalterungen an der oberen Dachkante, dies kann man aber leicht nachrüsten. Zwei weitere Mängel sind zu beklagen: Die rote Beschriftung (Porsche, Dunlop, Shell) ist zu hell, sie müsste eher dem typischen Porsche-Rotbraun entsprechen – dies lässt sich leider mit vertretbarem Aufwand nicht mehr bereinigen. Weiterhin ist die Reifenbedruckung falsch: Hier stand im Original nicht zweimal „Dunlop“ auf dem Reifen, sondern einmal „Dunlop“ und einmal „Denloc“. Dies kann man mit Decals aus der Reservekiste korrigieren. Also: Grundsätzlich ein tolles Modell, aber „Nobody is perfect“.

Porsche 961 (Spark)

Das 1987er Modell ist übrigens mit den chrom-goldfarbenen BBS-Felgen ausgerüstet. So war der 961 allerdings nur in der Startaufstellung oder beim Training zu sehen. Im Rennen fuhr er gleich vom Start weg die gleichen schwarzen Speedline-Felgen wie das 1986er Modell. Aber die BBS-Felgen waren damals schon schöner!

links: Modell 1986 (Spark), rechts Modell 1987 (Starter)

Die hier dokumentierten Fotos habe ich beim Rennen geschossen (als Dias, leider haben sie über die Jahre einen leichten Blaustich bekommen), die Bilder einiger Modelle wurden vor einer in 1:43 nachgebauten Le Mans-Box gemacht. Wie beim Rennen 1984, ist auch hier die im Handel angebotene DVD sehr zu empfehlen, sie zeigt unter anderem beeindruckende Bilder einer Onboard-Kamera (im Rothmans Porsche Nr.3) von der ersten Runde des Rennens.

Quellen:

Christian Moity, Jean-Marc Teissedre, 24 Heures du Mans 1986, Editions Acla Automobile Club de l´Ouest, 1986  /  Motorsport-Journals von Juli/August 1986.

Weitere Anmerkungen zu den Fotos und zu Informationsquellen: siehe Bericht „Wie alles begann“, außerdem: siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“.

 

 

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